Wir haben bei den Bundestagsabgeordneten aus München angefragt, wie ihre Position zum Bleiberecht aussieht. Die Antworten (und Fragen jeweils darunter) veröffentlichen wir hier, die meisten sind parallel auch auf www.abgeordnetenwatch.de zu finden. So kann sich jeder ein Bild machen, wo die einzelnen Parlamentarier bezüglich des Aufenthaltsrechts grundsätzlich stehen – und bei Interesse selbst weiter nachfragen. Hier die Antworten von Martin Zeil, FDP (ein kürzere, die auch auf abgeordnetenwatch veröffentlicht wurde und eine längere, die direkt bei uns einging)
7. März (persönliche Antwort)
Sehr geehrte (…),
eine bundesgesetzliche Neuregelung des Bleiberechts halten wir für unverzichtbar. Der Beschluss der Innenministerkonferenz reicht nicht aus. Seit dem Beschluss der Innenministerkonferenz der Länder ist wertvolle Zeit verstrichen. Peinlich war das Gezerre von CDU/CSU und SPD seit Januar bis auf den heutigen Tag. Es entstand der Eindruck, dass den Schwarz-Roten Akteuren nur jeweils die Lösung zusagt, bei deren Verhandlung sie persönlich am Tisch saßen. Statt das Bleiberecht zügig zu behandeln, wurde das Thema im Februar dann in den Koalitionsausschuss für den 5. März – also heute – und damit auf die lange Bank geschoben.
Die Bundesregierung und die Innenminister der Länder müssen den langjährigen Forderungen der FDP und anderer Parlamentsfraktionen sowie der Kirchen und vieler gesellschaftlicher Verbände, endlich nachkommen. Das Instrument der Duldung darf nicht als Aufenthalt mit jederzeitigem Kündigungsrecht missbraucht werden. Dies ist den Betroffenen nicht zuzumuten. Zugleich verhindert diese Anwendung der Duldung die Integration der Betroffenen.
Die Integration muss das entscheidende Kriterium sein, nachgewiesen durch eigenständigen Lebensunterhalt, deutsche Sprachkompetenz und Akzeptanz im persönlichen sozialen Umfeld auch außerhalb der Migrantengesellschaft. Der eigenständige Lebensunterhalt ist ein berechtigtes Kriterium, sofern der Zugang zum Arbeitsmarkt nicht durch rechtliche Maßnahmen versperrt wird. Das Bleiberecht muss mit einer Arbeitserlaubnis verbunden sein.
Besonderer Handlungsbedarf besteht darin, eine gesicherte Lebensperspektive für in Deutschland aufgewachsene Kinder und Jugendliche zu schaffen. Es darf nicht sein, dass Jugendliche, die in Deutschland eine Schullaufbahn begonnen haben, diese nicht abschließen
dürfen.
Auch Bayerische Sonderwege darf es nicht geben. Die Herren Stoiber und Beckstein sollten den Versuch unterlassen, sich bei diesem Thema als Landespolitiker gegen den Bund und auch gegen die eigene Landesgruppe zu profilieren.
Derzeit leben in Deutschland über 186.000 Ausländer seit Jahren im Status der Duldung. Sie können jederzeit abgeschoben werden, auch wenn sie in Deutschland zur Schule gegangen sind. Die Menschen in einem derart unsicheren Status auf Dauer zu belassen erschwert diesen Menschen ihre Zukunftsplanung und ist auf Dauer nicht zumutbar.
Einwanderung, Einbürgerung und Integration hängen zusammen. Einbürgerung oder Daueraufenthalt ohne Integration in Sprache und Werteordnung unseres Landes darf es nicht geben. Immerhin scheint in Deutschland die Abkehr von der „Toleranz durch Wegschauen“ eingeleitet. Was bei der Koalition aus CDU und SPD fehlt, ist der Wille, den Zusammenhang von Integration mit Spracherwerb, Werteakzeptanz und Rechtstreue einerseits und dauerhaftem und unbefristetem Aufenthaltsrecht bzw. Einbürgerung andererseits auszugestalten.
Deshalb fordern wir:
– Eine Altfallregelung, die den gut integrierten langjährig Geduldeten die Option eines
dauerhaften Bleiberechts eröffnet;
– Aufenthaltsrechtliche Konsequenzen für die, die sich in unsere Gesellschaft, unsere Sprache und Wertordnung nicht integrieren und integrieren wollen;
– Ausbau der Sprach- und Integrationskurse und
– Einen feierlichen Einbürgerungsakt mit einem Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland.
Es entspricht der liberalen Tradition, den Beitritt zum „Gesellschaftsvertrag“ für beide Seiten bewußt zu machen und die freiheitliche Werteordnung unserer Gesellschaft mit ihren Pflichten nachdrücklich zu betonen. Dabei ist das Beherrschen der deutschen Sprache unverzichtbar. Wir lehnen aber diskriminierende Gesinnungstests ab.
Die Islamkonferenz und der Integrationsgipfel der Bundesregierung waren erste, wichtige Schritte für den Dialog. Allerdings ist die Transparenz dieser Veranstaltungen kritisch zu hinterfragen. Die Diskussion muß stärker in die Öffentlichkeit.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Zeil
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Wahlkreisbüro Zeil
Rindermarkt 6
80331 München
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21.2. 2007 (auf abgeordnetenwatch.de)
(…) vielen Dank für Ihre Mail zum Bleiberecht.
wir halten das Gezerre von CDU/CSU und SPD um das Bleiberecht von langjährig geduldeten Ausländern in Deutschland für peinlich und unnötig.
Die Altfallregelung der Innenministerkonferenz war ein lange überfälliger Schritt in die richtige Richtung. Jetzt muss aus Sicht der FDP-Bundestagsfraktion eine gesetzliche Regelung kommen mit klaren Eckpunkten: Die tatsächliche Integration muss das entscheidende Kriterium für die Erteilung eines Bleiberechts sein. Sie wird nachgewiesen durch einen eigenständigen Lebensunterhalt, deutsche Sprachkompetenz und Akzeptanz im persönlichen sozialen Umfeld, auch außerhalb der Migrantengesellschaft.
Der eigenständige Lebensunterhalt ist ein berechtigtes Kriterium, sofern der Zugang zum Arbeitsmarkt nicht durch rechtliche Maßnahmen versperrt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Zeil, MdB
Wahlkreis: München-Land, www.martin-zeil.de, martin.zeil@wk.bundestag.de
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Sehr geehrter Herr Zeil,
bald steht die Entscheidung im Bundestag zum Bleiberecht, bzw. der Novellierung des Aufenthaltsgesetzes an. Im Herbst vergangenen Jahres hatten ja die Innenminister bereits eine neue Regelung auf den Weg gebracht. In diesem Zusammenhang wenden wir uns an Sie als Mitglied des Bundestags, und bitten Sie uns Ihre Meinung bzw. Ihre Position zu diesem Thema zu erläutern. Auf Ihrer Website ist zu lesen, dass Sie „Politik für die Menschen“ machen – schließt das auch ausländische Bürger ein?
Der Beschluss der Innenministerkonferenz bedeutet einen einmaligen „Gnadenerlass“, der nur für Menschen gilt, die vor einem bestimmten Stichtag (Familien vor sechs Jahren, Einzelpersonen vor acht Jahren) eingereist sind. Eigentlich sollte das Zuwanderungsgesetz die Praxis von „Kettenduldungen“ abschaffen, bislang ist das leider nicht passiert – und die Situation ist für die ungefähr 200.000 Geduldeten unerträglich. Wie stehen Sie zu der Alternative eines verankerten Rechtsanspruchs auf gesicherten Aufenthalt, der auch später eingereisten ein „Hineinwachsen“ in ein Aufenthaltsrecht ermöglicht?
Ihrem Lebenslauf ist zu entnehmen, dass Sie u.a. eine High School in Los Angeles besuchten und einen Teil Ihres Referendariats in einer Anwaltskanzlei in London absolvierten. Es würde uns deshalb besonders interessieren, wie Sie dazu stehen, dass auch viele sehr gut (oder sogar akademisch) ausgebildete Personen ausreisen sollen – auch solche die deutsche Universitäten absolviert haben?
Um ein Bleiberecht zu erhalten, muss der zuvor Geduldete Arbeit finden – das würden die Betroffenen ja auch sehr gerne, aber nur allzu oft ist es ihnen aus Mangel an Arbeitsplätzen nicht möglich. Die inhumane Konsequenz ist dann, dass eine Familie, die mehr als sechs Jahre hier lebt und Kinder hat, die hier geboren wurden und zur Schule gehen, abgeschoben wird – finden Sie das angemessen und menschenwürdig?
Eine Fülle von Ausschlusskriterien führt dazu, dass die meisten Geduldeten kein Bleiberecht erhalten. Wer zum Beispiel mehrfach beim Schwarzfahren erwischt wurde, während seines Lageraufenthalts nicht genug Deutsch gelernt oder sich gegen seine Abschiebung gewehrt hat, der soll kein Bleiberecht erhalten – ist das auch Ihre Position?
Nicht zuletzt werden im Zuge der Bleibrechtsregelung weitere Verschärfungen im Ausländerrecht angekündigt – glauben Sie, dass derartige Neuregelungen tatsächlich zur besseren Integration beitragen werden?
Mit vielen Grüßen und der Bitte um eine rasche Antwort,
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Bleiberechtsplattform/Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und Migranten München
P.S. Diese Anfrage wird parallel an www.abgeordnetenwatch.de gepostet, Ihre Antwort möchten wir dort und auf unserer Website veröffentlichen