Tourstart in Neuburg, Aktionscamp auf der Brandlwiese, 19.-21.Mai
Aufruf: deutsch, english, Soranî/سۆرانی, arabisch/عربي, französisch
Vom 19. Mai 2007 bis zum 4. Juni 2007 zieht die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen von Bayern über Thüringen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Berlin bis nach Rostock in Mecklenburg-Vorpommern. Dort treffen sich im Ostseebad Heiligendamm vom 05. bis 07. Juni 2007 die Repräsentanten der reichsten und mächtigsten Staaten der Welt, der sogenannten G8. Die Karawane will den Zusammenhang zwischen der Zerstörung der Herkunftsländer der Flüchtlinge durch rücksichtslose Ausbeutung und Krieg durch die Politik der G8-Staaten und den weltweiten Flucht- und Migrationsbewegungen sichtbar machen. „Wir sind hier, weil Ihr unsere Länder zerstört“ ist zentrales Motto der Karawane.
Die bundesweite Karawane startet am 19. Mai 2007 in Neuburg an der Donau. Seit zwei Jahren wehren sich Flüchtlinge in Neuburg gegen menschenunwürdige Unterbringung im Lager, gegen Mangelversorgung mit Essenspaketen, Arbeitsverbote und Kriminalisierung und gegen die alltäglichen Schikanen von Sozialamt und Ausländerbehörde. Mit dem Start der Karawanetour in Neuburg wollen wir an diesen eindrucksvollen Flüchtlingsprotest anknüpfen.
Aktionscamp in Neuburg 19.-21.Mai 2007
Brandlwiese an der Donau
Samstag, 19. Mai:
Auftaktdemo, 13 Uhr vor dem Flüchtlingslager Neuburg, Donauwörtherstraße B 82
15 Uhr öffentliches Hearing zur Situation der Neuburger Flüchtlinge auf dem Schrannenplatz
Gemeinsame Zugfahrt aus München: Treffpunkt 10.30 Uhr, Große Anzeigentafel Hauptbahnhof München
Sonntag, 20. Mai
Aktionssonntag gegen die Entrechtung und Abschiebung Irakischer Flüchtlinge
Ab 15 Uhr bis abends: Grillen, Musik, Fußball- und Volleyballspielen mit den BewohnerInnen und Kindern des Flüchtlingslagers Neuburg auf der Brandlwiese an der Donau.
Montag, 21. Mai
Kundgebung für Bleiberecht, ab 10.30 Uhr Kundgebung vor dem Landratsamt Forchheim, Am Streckerplatz 3
Flüchtlingslager abschaffen!
Die Regierung von Oberbayern hält nach wie vor an der zwangsweisen Unterbringung von Flüchtlingen in Neuburger Lager fest. Es werden auch Menschen aus ihrem sozialen Umfeld gerissen und nach Neuburg geschickt, die durch Asylwiederrufsverfahren und Arbeitsverbote ihre Wohnung verloren haben. Neben Arbeitsverboten praktizieren die Neuburger Behörden den Entzug der 40 Euro Taschengeld als Druckmittel, um den Flüchtlingen das Leben so unangenehm wie möglich zu machen. Viele Familien in Neuburg klagen darüber, dass sie und insbesondere die Kinder hungern, da die Essenspaketen keine ausreichende Menge an Nahrungsmitteln enthalten.
Trotzdem gibt es auch konkrete Erfolge des Flüchtlingsprotestes in Neuburg: So hat sich der Landkreis generell gegen die Unterbringung geduldeter Flüchtlinge in Lagern ausgesprochen. Auch wurde bei einem Gespräch zwischen dem Landrat und VertreterInnen der Flüchtlinge zugesagt, die Residenzpflicht lockerer zu handhaben. Diese Zusage ist gewiss weit weg von der Forderung nach Abschaffung des rassistischen Residenzpflichtgesetzes, dennoch wären auch solche kleinen Verbesserungen ohne die Flüchtlingsproteste nicht denkbar gewesen. Und es ist ein großer Erfolg, dass das Thema der Lebensbedingungen im Lager seit zwei Jahren immer wieder im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht.
Auch in Forchheim protestieren Flüchtlinge. Hier wird den langjährigen LagerbewohnerInnen ein Bleiberecht nach der Regelung der Innenministerkonferenz vom November 2006 systematisch verweigert.
Neben den unwürdigen Lebensbedingungen steht für die Flüchtlinge vor allem das Thema der drohenden Abschiebung im Vordergrund. Seit drei Jahren versuchen die deutschen Behörden, ungeachtet des täglichen Sterbens durch Krieg, Besatzung und Terror, Abschiebungen in den Irak vorzubereiten. Anerkannten Flüchtlingen wurde der Flüchtlingsstatus entzogen; Aufenthaltserlaubnisse wurden zurückgenommen oder nicht verlängert. Von den 300 Flüchtlingen, die derzeit im Lager Neuburg leben, stammen ca. 60 aus dem Irak. Viele von ihnen wurden ins Lager geschickt, nachdem sie durch Entzug des Flüchtlingsstatus nur noch eine Duldung bekommen haben. Seit 17. 4. sind Flüchtlinge aus dem Nordirak nun zur Abschiebung freigegeben. Gegenüber der Öffentlichkeit soll das damit legitimiert werden, dass zunächst nur strafrechtlich verurteilte Personen abgeschoben werden sollen. Als „Straftäter“ gilt, wer zu mehr als 50 Tagessätzen verurteilt wurde. Damit kann es ausreichen, zweimal ohne Erlaubnis nach Ingolstadt gefahren zu sein, um jetzt abgeschoben zu werden. Diese Abschiebepläne sind erst der Anfang; langfristig sind alle IrakerInnen, die keinen gesicherten Aufenthaltsstatus haben, bedroht!
Auch gegen äthiopische Flüchtlinge versuchen die deutschen Behörden, in Zusammenarbeit mit den Behörden des diktatorischen und kriegstreiberischen Regimes, Abschiebungen durchzusetzen. Das äthiopische Regime führt für die USA einen blutigen Stellvertreterkrieg in Somalia, während gleichzeitig die äthiopische Bevölkerung an Armut und Hunger leidet und jegliche Opposition brutal unterdrückt wird. Seit dem 11. September 2001 pflegt auch Deutschland mit Äthiopien verstärkte politische Beziehungen. Äthiopien dient als Basis für militärische Interventionsmöglichkeiten in einem mehrheitlich islamischen Teil der Welt. In diesem Zusammenhang ist auch die Verharmlosung der Verbrechen des diktatorischen Regimes und die Auslieferung von Oppositionellen durch Abschiebungen zu sehen.
Nigerianische Asylsuchende haben in Deutschland fast keine Chance auf Anerkennung. In dem großen Land könne jede und jeder irgendwo ein sicheres Plätzchen finden, so das Bundesamt. Ausgeblendet wird, dass in ganz Nigeria für die Mehrheit der Bevölkerung in den letzten 30 Jahren die Lebensbedingungen unerträglich geworden sind, während eine korrupte reiche Elite in Zusammenarbeit mit transnationalen Großkonzernen wie Siemens, Bilfinger-Berger, Shell und Agip das Land ausplündert, die Umwelt zerstört und Widerstand der Bevölkerung militärisch unterdrückt.
Irak, Äthiopien und Nigeria sind drei akute Beispiele dafür, wie Deutschland Flüchtlinge mit Abschiebungen terrorisiert und gleichzeitig weltweit Kriege führt, Diktaturen gestützt und an Korruption und Armut verdient.
Abschiebungen und Rechtlosigkeit betreffen genauso alle anderen Flüchtlinge, die auf der Suche nach Sicherheit und einem menschenwürdigen Leben nach Deutschland kommen. Darum wollen wir alle gemeinsam am 19. und 20. Mai in Neuburg und danach bei der Karawanetour und in Rostock und Heiligendamm der menschenverachtenden deutschen Flüchtlingspolitik und der ausbeuterischen Weltordnung der G8 unseren Protest und Widerstand entgegensetzen. In diesem Sinne fordern wir:
Ein weltweites Recht auf menschenwürdige Existenz!
Eine Welt ohne Ausbeutung, Unterdrückung und Kriege!