Zur Solidaritätserklärung der bundesweiten Karawane vom 19.01.

[English version]

Die Karawane München distanziert sich scharf vom Statement der bundesweiten Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen, welches unter dem Label einer Solidaritätserklärung mit Protesten von Geflüchteten in Israel am 19.01.2014 auf den Internetseiten der bundesweiten Karawane, der Karawane Berlin und The Voice veröffentlicht wurde [1]. Wir halten es für notwendig, angesichts der offen zu Tage tretenden antisemitischen Denkmuster zu intervenieren. Notwendig, weil es keine Option ist, wegzusehen oder es stillschweigend hinzunehmen, dass sich Gruppen, die sich als antirassistisch verstehen und in antirassistischen Zusammenhängen aktiv sind, antisemitische Argumentationsmuster und Motive propagieren und diesen Vorschub leisten.

Mit dem Statement wird der Staat Israel, gegründet als Zufluchtsort für Jüdinnen und Juden nach der Shoah, als „rassistisch und kolonialistisch“ diffamiert und sein Existenzrecht negiert. Israel wird konsequent als „zionistisches Projekt“ oder „besetztes Palästina“ bezeichnet und habe „seine Hand in mehreren bewaffneten Konflikten […]“. Diese Formulierungen bedienen und verbreiten antisemitische Ressentiments und Verschwörungstheorien und machen den vergangenen wie gegenwärtigen Antisemitismus und die Shoah unsichtbar. Hier werden antisemitische Denkfiguren mit einer antirassistischen und flüchtlingssolidarischen Rhetorik lediglich verschleiert.

Es ist kein Zufall, dass es in den letzten Jahren zu einer Zuspitzung der Situation von Flüchtlingen in Israel gekommen ist. Denn mit dem fortschreitenden Verschärfung der Grenzpolitik der EU, vor allem im Mittelmeer, wie auch der zunehmenden Kooperation von nordafrikanischen Staaten wie Libyen und Ägypten erscheint Israel als nächstes, naheliegendes Ziel von Fluchtmigration vor allem aus Ostafrika. Während wir die derzeitige Regierungspolitik gegenüber Flüchtlingen auch in Israel kritisch sehen und uns mit der Protestbewegung der Flüchtlinge dort solidarisch erklären, so halten wir dennoch fest: Der anhaltende Trend zu aufgerüsteten Grenzen, Konstruktion neuer Flüchtlingsgefängnisse und Entrechtung von MigrantInnen ist global.

Die Situation in Israel kann nur vor dem Hintergrund dieser Konstellation betrachtet werden. Wenn sich die Kritik solcher Zustände aber eines Antisemitismus bedient, hat das mit Antirassismus nicht das Geringste zu tun. Im Gegenteil.

30. Januar 2014
Karawane München. Für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen! tafkap

 


Concerning the statement of solidarity of The Caravan network issued January 19

The Caravan Munich explicitly dissociates itself from the statement of the nationwide Caravan for the Rights of Refugees and Migrants, which was published on 19.01.2014 on the websites of the nationwide Caravan, Caravan Berlin and The Voice under the label of a statement of solidarity with refugees in Israel [1]. We think it’s necessary to intervene considering the open anti-Semitic thought-patterns as it’s neither an option for us to turn around and ignore nor to accept silently that groups, who consider themselves as anti-racist and are active in anti-racist networks, support anti-Semitic patterns of argumentations and anti-Semitic motifs.

The statement defames the state of Israel, found as a shelter for Jewish people after the Shoah, as “racist and colonial” and negates its right of existence. Israel is named consequently “Zionist project” or “occupied Palestine” and accused to “be engaged in several armed conflicts […]”. Those utterances encourage and spread anti-Semitic resentments and conspiracy theories. They obscure anti-Semitism of the past, the present and the Shoah. Anti-Semitic thought-patterns are concealed here merely by an anti-racist and refugee-solidarity rhetoric.

The worsening of the situation of refugees in Israel in the past years is no coincidence. Due to the ongoing tightening of European border politics, mainly in the Mediterranean, as well as the increasing cooperation of North African states like Libya and Egypt, Israel appears as a close and obvious destination for flight migration mainly from east Africa. We certainly agree with the criticism towards the current government politics on refugee rights in Israel and declare our solidarity with the protest movement of refugees there. However, we need to make clear: the ongoing trend towards armed borders, construction of refugee prisons and the deprivation of rights of migrants is global.

The situation in Israel can only be evaluated with the background of this constellation. But when criticism of those conditions uses anti-Semitism, it has not the slightest thing to do with anti-racism. It is quite the contrary.

30th of January 2014
Caravan Munich. For the Rights of refugees and migrants! tafkap