05.02.: Flavoured Icecubes – 20 Jahre Asylreform aus Perspektive der Migration

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „DIALOG! Polycity – Krititische Lagebesprechung zu Bildern und Debatten der Migration aus den Positionen Kunst, Aktivismus und Wissenschaft“ findet am Dienstag, den 05.02., in München eine von der Karawane München mitgestaltete Podiumsdiskussion statt:

Flavoured Icecubes – 20 Jahre Asylreform aus Perspektive der Migration

Dienstag, 05.02.  |  18.30Uhr  |  Import Export, Goethestraße 30, München  |  Eintritt frei

Als im Frühjahr 1992 OB Georg Kronawitter zur Situation der Asylunterbringung in der bayerischen Landeshauptstadt befragt wurde, beklagte er den Anstieg der Zahl nicht-deutscher Einwohner/innen und bezichtigte Asylsuchende des Mißbrauchs von Sozialleistungen. Wörtlich: „Sie geben lächerliche Namen an. Einer hat sich Flavour Icecube genannt, was soviel heißt wie Eiswürfel mit Geschmack. […]  Die halten uns doch zum Narren.“ Vor diesem Hintergrund forderte neben Vertretern der CDU/CSU auch SPD-Politiker Kronawitter eine Änderung des Grundgesetzes zum Asylrecht und eine „europaweite Lösung“.

 

Nach jahrelanger Hetze und Tausenden von gewalttätigen Übergriffen auf Flüchtlinge wurde am 26.05.1993 schließlich der Art. 16 GG, der politisch Verfolgten Asylrecht garantierte, mit drastischen Folgen verändert: Neue Bundesgesetze schränken die Rechte der Flüchtlinge im Inland ein, während die Klassifizierung in so genannte „sichere Herkunfts- und Drittstaaten“ die Möglichkeiten eines Asylantrags im Grunde verunmöglicht.  Im Anschluss daran wurde ein eigenes Asylbewerberleistungsgesetz eingeführt, wonach der Staat nur noch ein Minimum an Grundleistungen zur Existenzsicherung v.a. in Form von Sachleistungen vergibt, um Flüchtlinge abzuschrecken und den angeblichen „Asylmissbrauch“ zu verhindern. Erst 2012 hat das Bundesverfassungsgericht dieses Gesetz als grundgesetzwidrig kassiert. Die neue deutsche Asylpolitik fand ihren Niederschlag in der europäischen Asyl- und Migrationspolitik – mit dramatischen Folgen, wie etwa dem tagtäglichen Sterben auf dem Mittelmeer, oder auch der jahrelangen Odyssee vieler Flüchtlinge durch Europa aufgrund des so genannten Dublin II-Systems.

 

Über 20 Jahre nach Pogromen auf den Straßen von u.a. Mannheim, Hoyerswerda und Rostock und Brandanschlägen auf Asylunterkünfte und Wohnheime erleben wir heute ein Déjà-vu alter Bilder und Debatten: Während rechtsextreme Anschläge weiter bagatellisiert werden und das Auffliegen des NSU zu keiner öffentlichen Diskussion über einen strukturellen Rassismus führte, wird derzeit wieder gegen Flüchtlinge, vor allem Roma und Sinti , gehetzt und eine weitere Einschränkung des Asylrechts gefordert.

 

Vor dem Hintergrund aktueller Forderungen und Proteste von Flüchtlingen gegen ihren strukturell diskriminierenden Status diskutieren wir in der dritten POLYCITY-Runde über Entstehung, Folgen und Bedeutungen des sog. „Asylkompromisses“ damals und heute.

 

Diskutierende:
•    Moderation: Bernd Kasparek
•    Siegfried Benker
•    Gisela Seidler
•    Marc Speer
•    N.N.