14.02.2020 – Grenzenlose Solidarität und Bewegungsfreiheit statt Aufrüstung, Abschottung und Repression

(English version below)

Aufruf für einen antirassistischen Block auf der Demonstration „Für ein Ende der Gewalt“ gegen die Münchner Sicherheitskonferenz am 14.02.2020 um 18:30 Uhr am Gärtnerplatz

In Deutschland, Europa und weltweit verschärft sich die Gewalt gegen geflüchtete Menschen. Ein radikaler Sicherheits- und Kriminalisierungsdiskurs spiegelt sich in zunehmend verschärften Asyl- und Polizeigesetzen wider. Grenzen werden aufgerüstet – mit militärischen Strategien, Überwachungstechnologie und dem Einsatz brutaler Gewalt. Migrationsabwehr ist das Dogma, für das Menschenrechte geopfert, mit Diktatoren kooperiert und Sterben und Leid von Menschen ignoriert und sogar befördert werden.

Für eine antirassistische Bewegung, die sich solidarisch mit den Kämpfen der Migration und allen Menschen auf der Flucht sieht, ist die Münchner Sicherheitskonferenz ein Kristallisationspunkt dieser Entwicklungen. Hier treffen sich Despoten, Staatschef*innen und Abgesandte von Kriegs- und Krisenländern ebenso wie Vertreter*innen von Waffen- und Rohstoffindustrie. Sie sprechen über Rüstungsexporte und Aufrüstung ihrer Streitkräfte. Sie klären ihre geopolitischen Interessen in Krisenherden ab. Sie verhandeln über Rückübernahmeabkommen, durch die ihre Bürger*innen abgeschoben werden können. Es geht um Macht, Geld und Waffen – nie um das Leben und die Rechte schutzbedürftiger Menschen.

Mit dem antirassistischen Block auf der Demo „Für ein Ende der Gewalt“ wollen wir ein Schlaglicht darauf werfen, wie sich die Verhandlungen und Hinterzimmergespräche auf der SIKO – und die Herrschaftsmechanismen, die sie repräsentieren – auf die Lebenswirklichkeit von Migrant*innen auswirken. Wir wollen den schmutzigen, flüchtlingsfeindlichen Charakter und die Gewalt der vermeintlichen Sicherheitspolitik der Herrschenden entlarven. Diese Politik begegnet Migrant*innen auf vielen Etappen ihres gefährlichen Weges –
Gewalt durch militärische Interventionen und Konflikte in den Herkunftsregionen.
Gewalt durch militarisierte Abwehrtechniken an Europas Außengrenzen.
Gewalt durch staatliche Überwachung, Polizei und Sicherheitsdienste in Europa selbst.

Ihr brutales Gesicht zeigt diese Politik exemplarisch in Libyen, das bereits zur Zeit der Diktatur Gaddafis als vorgelagertes Bollwerk der europäischen Union zur Flüchtlingsabwehr genutzt wurde. Seit die Zahl der Überfahrten über die zentrale Mittelmeerroute wieder zunehmen, hat sich die europäische Politik von einem auch nur halbwegs humanitären Umgang mit der Fluchtmigration hin zu einer gleichgültigen, tödlichen Abschottungspolitik bewegt. Europäische Staaten beschlagnahmen Schiffe von Seenotretter*innen und diffamieren diese als vermeintliche Menschenhändler*innen, während pseudostaatliche Milizen als libysche Küstenwache legitimiert, finanziert und mit der Flüchtlingsabwehr beauftragt werden. In Libyen selbst werden Menschen von den gleichen Gangs entführt, versklavt, vergewaltigt und ermordet. Die Menschenrechtsverstöße dieser bewaffneten Gruppen sind offenkundig dokumentiert, Berichte über die brutalen Übergriffe auf subsaharische Migrant*innen gib es in ausreichender Zahl – die EU opferte jedoch wieder einmal alle humanitären Bedenken.

Auch die Türkei wird für ihre Rolle als Türsteher Europas hofiert. Hunderttausende Menschen sitzen dort fest und können aufgrund der anhaltenden Kriege in Syrien, dem Irak, in Afghanistan und in den kurdischen Gebieten oder der Verfolgung im Iran nicht zurückkehren. Eine Weiterreise ist auch kaum möglich – wer es dennoch schafft steckt unter unmenschlichsten Bedingungen in den Internierungslagern auf den griechischen Inseln oder zwischen den Grenzen am Balkan fest. Die Zielstaaten der meisten Migrant*innen in Zentraleuropa haben es geschafft die Kontrolle über die Fluchtbewegungen zu externalisieren und entziehen sich einmal mehr ihrer Verantwortung. Gleichzeitig führt die Türkei einen Angriffskrieg gegen die kurdischen Gebiete und droht mit der Öffnung der Grenze für die weiterhin aus Syrien fliehenden Menschen – und hat somit jederzeit ein effektives Druckmittel gegen die europäische Staatengemeinschaft.

Wer es dennoch bis nach Zentraleuropa schafft, wird einem repressiven Asylsystem unterworfen, das selbst Menschen aus Krisenregionen keinen Schutz vor Krieg und Verfolgung gewährt. Personen werden in sogenannte Ankerzentren gepfercht, durch Arbeitsverbote diskriminiert, entmündigt und von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen. Zur guter Letzt kann hier auch die deutsche Polizei ihre militarisierte Ausrüstung unter Beweis stellen, wenn sie in Hundertschaften Unterkünfte durchkämmen und Bewohner*innen terrorisieren. Auf Grundlage eines auf der SIKO 2017 verhandelten Rücknahmeabkommens werden monatlich Menschen nach Afghanistan abgeschoben, während die deutschen Innenminister schon von Abschiebungen nach Syrien träumen – der rechte Mob applaudiert.

Gegen die Repräsentant*innen dieser auf so vielen Ebenen mörderischen Politik muss es Widerstand geben – antirassistisch, laut und entschlossen. Geht deshalb mit uns am 14.02.2020 um 18:30 Uhr am Gärtnerplatz auf die Straße und schließt euch dem antirassistischen Block an! Für grenzenlose Solidarität und Bewegungsfreiheit statt Aufrüstung, Abschottung und Repression! Für eine Ende der Gewalt! Gegen die Münchner Sicherheitskonferenz!


Transnational solidarity and freedom of movement instead of armament, isolation and repression

Call for an anti-racist bloc at the demonstration „For an end to violence“ (“Für ein Ende der Gewalt”) against the Munich Security Conference (MSC) on 14.02.2020 at 18:30 at Gärtnerplatz

In Germany, Europe and worldwide, violence against refugees is intensifying. A radical security and criminalization discourse is reflected in increasingly tightened asylum and police laws. Borders are being upgraded – with military strategies, surveillance technology and the use of brutal force. Defending against migration is the dogma for which human rights are sacrificed, cooperation with dictators is maintained and the death and suffering of people is ignored and even encouraged.

For an anti-racist movement that sees itself in solidarity with the struggles of migration and all people seeking refuge, the Munich Security Conference is a focal point of these developments. Here, despots, heads of state and delegates from countries at war meet with representatives of the arms and raw materials industry. They talk about arms exports and upgrading their armed forces. They discuss their geopolitical interests in crisis areas. They negotiate readmission agreements through which their citizens can be deported. It is about power, money and weapons – never about the lives and rights of vulnerable people.

With the anti-racist block at the demonstration „For an end to violence“, we want to highlight how the negotiations and backroom discussions at MSC – and the power mechanisms they represent – affect the reality of life of migrants. We want to expose the dirty, refugee-hostile character and violence of the alleged security policy of the ruling classes. This policy meets migrants on many stages of their dangerous path –
Violence through military interventions and conflicts in the regions of origin.
Violence through militarized defense techniques at Europe’s external borders.
Violence through state surveillance, police and security services in Europe itself.

The brutal face of this policy is exemplified in Libya, which was already used as an upstream bulwark of the European Union to defend itself against refugees during the Gaddafi dictatorship. Since the number of crossings through the central Mediterranean route has been increasing again, European policy has moved away from a semi-humanitarian approach to refugee migration towards an indifferent and deadly policy of isolation. European states confiscate ships of sea rescuers and defame them as alleged human traffickers, while pseudo-state militias are legitimized as Libyan coast guards and financed and charged with refugee defense. In Libya itself, people are kidnapped, enslaved, raped and murdered by the same gangs. The human rights violations of these armed groups are obviously documented, there are reports of brutal attacks on sub-Saharan migrants in sufficient numbers – but the EU once again sacrificed all humanitarian concerns.

Turkey is also being praised for its role as the gatekeeper of Europe. Hundreds of thousands of people are stuck there and cannot return because of the ongoing wars in Syria, Iraq, Afghanistan and the Kurdish areas or the persecution in Iran. It is also almost impossible to continue their journey – those who manage to do so are stuck under the most inhuman conditions in detention camps on the Greek islands or between the borders in the Balkans. The destination countries of most migrants in Central Europe have managed to externalize the control over the refugee movements and once again evade their responsibility. At the same time, Turkey is waging a war of aggression against the Kurdish areas and threatens to open the border for those who continue to flee Syria – and thus always has an effective means of exerting pressure on the European community of states.

Anyone who nevertheless makes it as far as Central Europe is subjected to a repressive asylum system that does not even offer protection from war and persecution. People are crammed into so-called “Ankerzentren”, discriminated against by work bans, incapacitated and excluded from participation in society. Last but not least, the German police can also test their militarized equipment here, when they search refugee housings and terrorize the inhabitants. On the basis of a readmission agreement negotiated at MSC 2017, people are deported to Afghanistan every month, while the German interior ministers are already dreaming of deportations to Syria – the right-wing mob applauds.

There must be resistance – anti-racist, loud and determined – against the representatives of this on so many levels murderous politics. Therefore, join us on 14.02.2020 at 18:30 o’clock on the Gärtnerplatz and join the anti-racist block! For transnational solidarity and freedom of movement instead of armament, isolation and repression! For an end to violence! Against the Munich Security Conference!