Update: Das Thema wurde von der Süddeutschen Zeitung im Artikel Vergessene Kinder aufgegriffen.
Im Juli 2010 wehrten sich 87 BewohnerInnen des Landshuter Flüchtlingslagers gemeinsam mit zahlreichen UnterstützerInnen erfolgreich gegen ihre zwangsweise Umsiedlung in ein neues Isolationslager im abgelegenen Dorf Schöllnstein im Landkreis Deggendorf. Großspurig hatte die Regierung von Niederbayern damals versprochen zumindest für Busverbindungen zu sorgen und das Lager nicht zu stark zu belegen, um so für mehr Platz pro BewohnerIn zu sorgen.
Wie berechtigt das Misstrauen der Landshuter Flüchtlinge war, belegt die aktuelle Situation. In dem kleinen Dorf leben inzwischen mehr als 90 Asylsuchende. Damit ist nicht nur die maximale Kapazität von 80 Personen überschritten, sondern auch die Zahl der alteingesessenen DorfbewohnerInnen, die nur 71 beträgt. In Schöllnstein gibt es keine Einkaufsmöglichkeiten, kein Internetcafé und die Busverbindungen nach Deggensdorf sind zu teuer, um sie von dem mickrigen monatlichen Taschengeld bezahlen zu können. Von den häufigen Shuttle-Busverbindungen, die die Regierungen versprochen hatte, ist keine Rede mehr. Nur für Behördengänge steht einmal pro Woche ein kostenfreier Bus zur Verfügung, ansonsten erreichen die Flüchtlinge erst nach einer Stunde Fußmarsch den nächstgelegenen Ort Iggensbach.
Wie in anderen Dschungelcamps, wie Böbrach oder Obermotzing-Aholfing, ist die allgemeine Wohnsituation extrem bedrückend für die Flüchtlinge. Es mangelt an hinreichender Gesundheitsversorgung, Deutschkursen und jeglicher Möglichkeit Beschäftigung oder gar Anschluss zu finden.
Die Situation der AsylbewerberInnen ist so aussichtslos, dass ein somalischer Bewohner in Schöllenstein berichtete:
I talked to my mother yesterday evening on the phone and she was so desperate because of my situation here. She even wanted to send me money from Somalia.
Die Asylsuchenden sind zu einem Leben in Langeweile, Angst und Isolation verdammt, viele von ihnen kommen mit der psychischen Belastung nicht mehr zurecht und müssen sich behandeln lassen.
Solche Dschungelcamps müssen unverzüglich geschlossen werden!
, fordert die Karawane München. Die Behörden müssen die Flüchtlinge endlich aus ihren miserablen Lebensbedingungen, fernab jeglicher Kontakt- und Integrationsmöglichkeiten befreien!
Doch der Standort Schöllnstein bringt sogar noch eine weitere, besonders alarmierende Schikane mit sich. Mittlerweile wurden dort auch 16 Kinder mit ihren Eltern untergebracht. Mindestens elf davon sind nach dem Bayerischen Schulgesetz schulpflichtig, also zwischen 6 und 15 Jahre alt – doch keines dieser Kinder geht zur Schule. Die zuständigen Behörden haben bislang keinen Versuch unternommen, die Kinder in den Schulunterricht der umliegenden Dörfer und Städte zu integrieren.
„Es kann nicht sein, dass den Kindern dort nicht einmal der Zugang zur gesetzlich vorgeschriebenen Bildung ermöglicht wird. Die Verantwortlichen rauben ihnen damit jegliche Perspektive für ihr weiteres Leben. Es muss sofort gehandelt werden!“, kommentiert ein Karawane-Aktivist.