Es ist sehr modern geworden für Politiker, über den Klimawandel zu reden. Es wird gefordert, angekündigt und versprochen, nur wenn es konkret wird, dann beugt man sich doch lieber den Interessen der Wirtschaft. „Verschieben wir lieber die Probleme auf unbestimmte Zeit, Augen zu und durch!“ scheint die Devise unserer werten Volksvertreter zu sein. Leider ist auch beim diesjährigen G8-Gipfel in Heiligendamm nicht mehr zu erwarten. Doch besonders die Länder des Südens können nicht mehr warten. Denn sie spüren bereits jetzt die ersten Folgen des vor allem von den Industrienationen verursachten Klimawandels. Regelmäßige Überschwemmungen in Mosambik und Bangladesch, versinkende Inselparadiese im Pazifik und anhaltende Dürren in weiten Teilen der Welt südlich des Äquators sind Realität. Die armen Länder dieser Welt können sich eben keine Deichanlagen wie zum Beispiel die Niederlande leisten. Doch ein Blick in die Zukunft zeigt, dass es sich hierbei nur um die Spitze des Eisberges handelt!
Nach einer Studie der Hilfsorganisation Christian Aid könnten in diesem Jahrhundert 184 Millionen Afrikaner an den Folgen der Erderwärmung sterben. Wenn es mit der Erderwärmung so weiter geht, wird es den Prognosen der Wissenschaftler zufolge in zehn Jahren kein Eis mehr auf dem Kilimandscharo geben und in wenigen Jahrzehnten keine Kapstädter „Waterfront“ mehr, wie das Einkaufsviertel am Hafen genannt wird. Zudem wird bis 2085 ein Drittel der Tier- und Pflanzenarten in Afrika verschwunden sein.
Nach mehreren, in jüngster Zeit veröffentlichten Studien wird Afrika – das ein Fünftel der Kontinentalmasse des Erdballs ausmacht – den Löwenanteil der negativen Wirkungen des Klimawandels tragen: Noch schlimmere Dürreperioden, heftigere Niederschläge in den feuchten Gegenden Westafrikas und einen Ertragsrückgang in der Landwirtschaft, die schon heute die rund 812 Millionen Afrikaner nur mit Mühe ernähren kann. Bis 2080 werde der Ertrag aus im Sudan, Äthiopien oder Eritrea angebautem Sorghum (Gattung der Hirsearten) sowie aus ghanaischem Mais um mindestens fünf Prozent zurückgehen, heißt es in einer von den UN in Auftrag gegebenen Studie.
Obwohl die Bedingungen stark variieren, leiden bereits jetzt 33% der Menschen des südlich der Sahara gelegenen Afrika unter Unterernährung, im Vergleich mit 17% in allen so genannten Entwicklungsländern zusammengerechnet. Das Verhältnis steigt auf 55% in Zentralafrika. Die durchschnittliche Zahl der Hungerkatastrophen in Afrika pro Jahr hat sich seit Mitte der 80er Jahre nahezu verdreifacht. Die Zahl der Menschen im südlich der Sahara gelegenen Teil Afrikas, die von weniger als einem Dollar pro Tag existieren müssen hat sich seit 1981 auf 313 Millionen Menschen 2001 nahezu verdoppelt, das entspricht 46% der Bevölkerung. Doch das ist noch gar nichts verglichen mit dem, was auf diese Menschen zukommt.
In manchen Küstenregionen werden wegen des steigenden Meeresspiegels bis Ende des Jahrhunderts 70 Millionen Menschen und 30 Prozent der Infrastruktur gefährdet sein – neben Kapstadt werden auch große Teile von Lagos (Nigeria) und Dar-es-Salaam (Tansania) unter Wasser stehen. Gleichzeitig dehnen sich die Wüsten aus – schon heute wächst die ausgetrocknete Sahelzone allein in Nordnigeria jährlich um 2000 Quadratkilometer. Die Fläche der von regelmäßigen Dürren heimgesuchten Regionen Afrikas soll sich bis 2050 verfünffachen
Die Folgen dieser Entwicklung kann man sich ausmalen: Verstärkte ethnische Konflikte, Kriege, Bürgerkriege, Genozide, noch viel verheerendere Hungerkatastrophen, Seuchen und: enorme Migrationsbewegungen.
Doch Europa baut dem bereits jetzt vor. Flüchtlinge werden generell als illegale Einwanderer und Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnet, die kein Recht hätten, in Europa zu leben. Die Grenzen werden militärisch abgeschottet und wenn gar nichts mehr hilft, stellt man diese Menschen dann einfach unter Terrorismusverdacht. Es gibt sogar Wissenschaftler die behaupten, dass das ganze gar nicht so schlimm sei und nur zu regionalen Verschiebungen innerhalb Afrikas führen würde. Offensichtlich gehen diese Wissenschaftler davon aus, dass es Europa gelingen wird, seine Grenzen wirklich wasserdicht zu machen. Das ist Zynismus pur!
Wesentlich wahrscheinlicher ist jedoch, dass verstärkt Flüchtlinge nach Europa und damit auch nach Deutschland drängen werden. Es werden tatsächlich Wirtschaftsflüchtlinge sein. Doch ihre Lebensgrundlage in Afrika wird durch die Klima- und Wirtschaftspolitik der Industrienationen zerstört und weiter zerstört werden.
So ist es eine Investition in eine friedliche Entwicklung, die gerade auch den Menschen in den so genannten ‚reichen‘ Ländern zugute kommt, wenn in die Lebenschancen der Menschen in fernen Regionen investiert wird. Dieses sind keineswegs Almosen – es sind Rückzahlungen von Schulden, die wir in den reichen Ländern mit dem Abwälzen der Umweltkosten unseres Wohlstandes verursacht haben und weiterhin verursachen. Der Klimawandel ist ein besonders eklatantes Beispiel hierfür.
meinte der ehemalige Executive Director der UNEP, Klaus Töpfer (Ratsbericht 2006). Offenbar liegt seine aktive politische Zeit in Deutschland schon so weit hinter ihm, dass er es sich leisten kann, ab und an sogar ein wahres Wort zu sprechen.
Doch gleiches gilt auch für die Flüchtlinge, die Europa und Deutschland erreichen. Wenn Flüchtlinge hier aufgenommen werden und man ihnen eine Perspektive für die Zukunft bietet sind das keine Almosen – es sind Rückzahlungen von Schulden und eine Verpflichtung, resultierend aus der europäischen und deutschen Politik!
Die Politik der Abschottung, die unsere Politiker beschreiten, hingegen ist schlicht und ergreifend kriminell und unmenschlich. Wenn man schon nach Terror oder Terroristen suchen will, sollte man vielleicht bei diesen Damen und Herren anfangen!
Was Not tut ist ein radikales Umschwenken der Politik. Globales Denken, statt Globalisierung der Wirtschaft. Echte Maßnahmen gegen den Klimawandel statt schöner Worte. Und Politiker, die standhaft und glaubwürdig sind. Damit alle Menschen einen Platz auf dieser Welt finden, sogar wenn sie nach Deutschland kommen!