Aufruf zu einer Kundgebung und Aktion in Nürnberg am 13.11.2009.
Über 100 jugendliche Flüchtlinge, eingepfercht in einer engen Zelle, schreien ihre Wut und die Forderung nach sofortiger Freilassung in die Kamera. Die „Voices of Pagani“, Filmsequenzen, in denen Flüchtlinge mit einem eingeschmuggelten Aufnahmegerät ihre Situation in dem unmenschlichen Internierungslager Pagani auf der griechischen Insel Lesbos dokumentieren, gehen Ende August rund um die Welt. Kurze Zeit später stoppt das Bundesverfassungsgericht mehrere Abschiebungen nach Griechenland und kündigte eine grundlegende Prüfung des zugrundeliegenden „Dublin II“-Systems an. Gleichzeitig kämpfen die gefangenen Flüchtlinge in Pagani immer entschlossener um ihre Freiheit: Pagani brennt, während in Athendie Polizei immer brutaler gegen Flüchtlinge vorgeht und erneut einen Flüchtlinge zu Tode geprügelt hat.
Dennoch: Die Bundesregierung hält stur an den Abschiebungen nach Griechenland fest. Jetzt ist Druck nötig, denn „Dublin II“ steht auf der Kippe.
Wir legen los am 13. November in Nürnberg. Dort ist die Zentrale des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, verantwortlich für die Abschiebungen nach Griechenland.
10°° Uhr: Kundgebung am Bundesamt, Frankenstrasse 210, Nürnberg (U1, U11 Frankenstrasse)
17°° Uhr: Aktion und Public Screening in der Straße der Menschenrechte (Innenstadt)
Situation in Griechenland
Schon das Überqueren der Grenze ist für Flüchtlinge lebensgefährlich. Minenstreifen lauern an der Landgrenze im Norden. An der Seegrenze schreckt die griechische Küstenwache nicht davor zurück, Flüchtlingsboote zu versenken. Nach der Ankunft werden die Flüchtlinge für Monate inhaftiert, zum Beispiel in Pagani auf Lesbos: Dort müssen sich bis zu 150 Personen, darunter viele Kinder, einen Raum mit lediglich einer Toilette teilen. Einen Zugang zum Asylverfahren gibt es faktisch nicht. Nach der Entlassung finden sich die Flüchtlinge in einem kurzzeitigen Zustand der Semi-Legalität ohne jegliche Unterstützung wieder. In Athen leben Tausende obdachlos auf der Straße und müssen ums Überleben kämpfen. Sie sind der tagtäglichen Polizeigewalt und Naziübergriffen ausgesetzt. Zudem droht jederzeit eine illegale Abschiebung in die Türkei. Eine Chance auf Asyl gibt es nicht. Das gleiche Schicksal trifft die aus anderen EU-Staaten Abgeschobenen.
„Dublin II“
Das so genannte „Dublin II“-System bestimmt, dass das Land der ersten Einreise in die EU für das Asylverfahren zuständig ist. Deshalb kommt es mittlerweile jedes Jahr zu Tausenden von Dublin-Rückführungen aus den nord- und westeuropäischen Staaten nach Griechenland, Italien und Spanien. Die westeuropäischen Staaten, allen voran deutsche und französische Regierungen, haben „Dublin II“ systematisch vorangetrieben und mit der europäischen Fingerabdruckdatenbank EuroDAC perfektioniert, um über Land und See einreisenden Flüchtlingen den Zugang nach West- und Nordeuropa zu verweigern.
„Dublin II“ muss weg!
„Dublin II“ ist das Herzstück der europäischen Flüchtlingsabwehr. Gelingt es, die Abschiebungen nach Griechenland zu stoppen, so steht das gesamte System in Frage. Denn Griechenland ist kein Einzelfall. Auch in Malta, Italien, Slowenien, Zypern, Polen, Slowakei, Bulgarien, Rumänien werden Flüchtlingsrechte systematisch missachtet: Illegale Rückschiebungen an der Grenze, Obdachlosigkeit oder Inhaftierung und Polizeigewalt sind an der Tagesordnung.
- Sofortiger Stopp aller „Dublin“-Abschiebungen nach Griechenland!
- Abschaffung der „Dublin-II“ Verordnung!
- Zugang zu einem Land freier Wahl!
Karawane Nürnberg & München. Für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen!
Bayerischer Flüchtlingsrat