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Veranstaltung: Der Tod von Oury Jalloh und die Dessauer Justiz

Der Tod von Oury Jalloh hat uns schon lange beschäftigt, und wir hatten schon mal eine Veranstaltung mit Mouctar Bah aus Dessau. Daher freuen wir uns, ihn dieses Jahr auch wieder in München begrüßen zu können. Denn mittlerweile ist viel passiert im Verfahren um den Tod von Oury Jalloh. Deswegen veranstalten wir gemeinsam mit „la mirada distinta“ eine

Informationsveranstaltung
Der Tod von Oury Jalloh und die Dessauer Justiz
Referent: Mouctar Bah (Dessau)
25. April 08, 20 Uhr
Kulturladen Westend
Ligsalzstraße 44
(U-Bahnhaltestelle Schwanthaler Höhe)
Eintritt frei

Am 7. Januar 2005 verbrannte der Asylbewerber Oury Jalloh in einer Zelle im Dessauer Polizeirevier in der Wolfgangstraße.

Jalloh ist stark angetrunken, als er zur Identitätsfeststellung auf die Wache gebracht wird. Auf dem Polizeirevier wird eine Blutprobe genommen und er wird für gewahrsamstauglich erklärt.

Seine Kleidung wird durchsucht.Weil er sich wehrt, werden ihm Fesseln angelegt und in die Gewahrsamszelle gebracht, ein bis zur Decke gefliester Raum mit feuerfester Kunstledermatratze.

Jallohs Fesseln werden durch Eisenringe in Wand und Boden gezogen. Alle halbe Stunde sollen die Polizisten die Zelle kontrolliert haben. Sie meldeten keine Auffälligkeiten. Die Gewahrsamszelle ist durch eine Sprechanlage mit den Räumen der diensthabenden Beamten verbunden. In die Zelle ist ein Mikrofon eingebaut.

Doch als gegen 12.00 Uhr ein Feuer ausbricht und Jalloh mit aller Kraft um sein Leben gebrüllt haben muss, hören die diensthabenden Beamten offenbar nichts. Der Dienstgruppenleiter soll die Gegensprechanlage leise gedreht haben, weil er sich beim Telefonieren belästigt fühlte. Als der Rauchmelder anschlägt, soll er den Alarm abgestellt haben.

Am 27. März 2007, über zwei Jahre nach dem Tod von Oury Jalloh, begann der Prozess gegen drei Polizisten, die der Körperverletzung mit Todesfolge, bzw. der fahrlässigen Tötung angeklagt sind. Er wird bis zum 6. Juni 2008 dauern, das wird der 54. Prozesstag sein. Über den Stand und Verlauf des Verfahrens berichtet Mouctar Bah aus Dessau. Er ist ein Freund Oury Jallohs und Mitbegründer der »Initiative Oury Jalloh«. Dieser ist es im wesentlichen zu verdanken, dass der Fall öffentlich wahrgenommen wurde.

Faxkampagne: Gerechtigkeit für Mouctar Bah!

Eine Kampagne gegen der Versuch der Stadt Dessau, die Existenz eines afrikanischen Aktivisten zu zerstören, weil er protestierte, als sein Freund Oury Jalloh in einer Polizeizelle verbrannte.

Schickt Protest-Faxe an die zuständige Behörde der Stadt Dessau!

Den Aufruf und die Faxvorlage für die Kampagne findet ihr unter:

http://thecaravan.org/files/caravan/mouctar_bah.pdf

Zum Hintergrund:

Am Morgen des 7. Januar 2005 wird der sierra-leonische Asylbewerber Oury Jalloh von der Dessauer Polizei aufgegriffen und in Gewahrsam genommen. Dabei wird Oury Jalloh geschlagen und an Händen und Füßen mit Ketten auf dem Boden einer Zelle gefesselt. Aus ungeklärter Ursache bricht vier Stunden später in seiner vollständig gefliesten Zelle ein Feuer aus. Die diensthabenden Polizisten stellen drei Mal den Feueralarm ab, statt Jalloh zur Hilfe zu kommen. Er verbrennt qualvoll.

Seitdem fordern Freunde des westafrikanischen Flüchtlings und antirassistische Initiativen in ganz Deutschland „Aufklärung, Entschädigung, Gerechtigkeit“. Sie gründeten die „Initiative Oury Jalloh“. Unter dem Motto „Oury Jalloh, das war Mord!“ organisierten sie zahlreiche Protestaktionen in Dessau und anderen Städten. Die zentrale Figur der Protestaktionen:
Mouctar Bah, ein Freund von Oury Jalloh und ehemaliger Betreiber eines Internet-Cafés in der Dessauer Innenstadt. Schon 2006 entzog man ihm hierfür die Lizenz mit der Begründung, er sei nicht offensiv genug gegen Drogenverkäufe in der Umgebung seines Geschäfts vorgegangen. Seitdem arbeitet er als Angestellter in dem Internetcafé.

Doch auch dies soll ihm nun verboten werden: Wegen angeblicher Beschwerden von Nachbarn über Lärm und Schmutz seiner Kunden und weil er „entgegen seiner Auflagen“ eine „leitende“ Funktion in dem Café gehabt haben soll, soll er nun überhaupt nicht mehr dort arbeiten dürfen.

Mit einer Kampagne versucht sich das Land Sachsen-Anhalt als „aktiv gegen Fremdenfeindlichkeit“ darzustellen. Aber als ein Asyl- bewerber unter ungeklärten Umständen qualvoll im Dessauer Polizeigewahrsam verbrannte, musste erst ein Freund des Flüchtlings, selbst ein Afrikaner, den Fall an die Öffentlichkeit bringen. Erst dann kam die Justiz so unter Druck, dass der Fall untersuchen.

Dafür rächen sich nun die Behörden der Stadt. Mit fadenscheinigen und rassistischen Begründungen wird ihm verboten, weiter in seinem Internet-Café zu arbeiten. Wegen seines Engagements gegen Polizeigewalt zerstört der Staat die Existenzgrundlage des Aktivisten.

Wir rufen auf zur Unterstützung von Mouctar Bah!

Update zum Oury Jalloh Prozess

Der Prozess wird sich nun mindestens bis September hinziehen. Der vorsitzende Richter geht von bewussten Falschaussagen aus, um die Hauptangeklagten zu schützen und hat angekündigt, die Polizeibeamten auch „10 Mal“ aussagen zu lassen, bis der Fall aufgeklärt ist. Prozessberichte wie immer hier, aktuelle Neuigkeiten hier.

Presse zum Oury Jalloh Prozess

Im Freitag 14 ist ein Interview mit dem Rechtsanwalt und Menschenrechtsexperte Rolf Gössner, der sich an der internationalen ProzessbeobachterInnengruppe beteiligt.

Halten Sie das Gericht für befangen?
Mitunter kommen Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden Richters auf, wenn er einen afrikanischen Zeugen herablassend behandelt, während er Polizeizeugen, und seien sie noch so dreist, öfter hilfreich zur Seite springt. Hier scheint das notorische Muster auf, demzufolge Beamte vor Gericht oft anders behandelt werden als Normalbürger und anders als Migranten ohnehin.

Und die Jungle World schreibt:

Dass der Tod in deutschen Polizeizellen schnell eintreten kann, belegt eine Studie des Rechtsmedizinischen Instituts der Universität Halle mit dem Titel »Todesfälle im Polizeigewahrsam in Deutsch­land 1993–2003«. Demnach starben in diesem Zeitraum alleine 128 Menschen in den Verwahrräumen der Polizei. Ursächlich dafür seien vor allem fehlende Veranlassungen von »weitergehenden diagnostischen Maßnahmen« durch Ärzte und »mangelhafte Überwachung«, weshalb viele der Opfer hätten überleben können, schreiben die Rechtsmediziner.

Der Oury-Jalloh Prozess

Der Prozess gegen zwei Polizeibeamte hat begonnen, und es gibt schon ausführliche Artikel. Der Prozess wird ständig begleitet werden, auch aus München ist eine Delegation vor Ort. Wir werden hier weiter berichten.

Remember Oury Jalloh

Eindrücke von der Veranstaltung „Wir sind alle Oury Jalloh – Schluss mit Polizeibrutalität!“ am 16. 3. 2007 im Eine Welt Haus München mit Mouctar Bah/Dessau.

Rund 25 Personen waren am Freitag, 16. 3. ins Münchner EineWeltHaus zu der Veranstaltung mit Mouctar Bah von der „Initiative im Gedenken an Oury Jalloh“ gekommen. Aktueller Anlass der Veranstaltung war, dass ab 27. März, also gut zwei Jahre nach dem Feuertod des sierra-leonischen Flüchtlings in einer Dessauer Polizeizelle, endlich ein Gerichtsverfahren in Dessau gegen zwei der verantwortlichen Polizeibeamten beginnt — ein Verfahren, das gewiss nicht ohne den öffentlichen Druck von FreundInnen und Angehörigen Oury Jallohs und von AktivistInnen aus der afrikanischen Community und der antirassistischen Linken zustande gekommen wäre.

[audio:http://carava.net/wp-content/uploads/2007/03/mouctarerzaehlt.mp3]
Audiomitschnitt des Vortrags von Mouctar Bah.

Weiterlesen

Wir sind alle Oury Jalloh!

Remember Oury Jalloh!Infoabend der Karawane München am Freitag, den 16. März 2007 um 19.oo Uhr im EineWeltHaus. Mit Mouctar Bah von der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh.

Vor zwei Jahren verbrannte der Schwarzafrikaner Oury Jalloh in der Arrestzelle eines Polizeiquartiers in Dessau, obwohl er an Händen und Füßen gefesselt war. Die Beamten auf der Wache reagieren auf den Alarm der Rauchmelder nicht, die Wechselsprechanlage mit der Zelle wird auf leise gestellt. Oury Jalloh stirbt auf grauenhafte Weise, aber bis heute blieb sein Tod für die verantwortlichen Beamten ohne Folgen. Bei seiner Familie hat sich niemand entschuldigt, eine Entschädigung wird verweigert. Aber seine Freunde geben keine Ruhe, sie sorgten dafür, dass der Fall nicht in Vergessenheit geriet. Ende März muss sich nun der Dienstgruppenleiter vor Gericht verantworten und die Flüchtlingsorganisation The VOICE Refugee Forum und die Initative in Gedenken an Oury Jalloh, wird den Prozess beobachten.

Oury Jalloh ist nicht der einzige Afrikaner, der durch Polizisten in Deutschland zu Tode kam. Gemeinsam wollen die Familien der Opfer zusammen mit The VOICE für Gerechtigkeit kämpfen. Mouctar Bah von der Initative in Gedenken an Oury Jalloh wird am 16. März die aktuelle Kampagne für Aufklärung und Gerechtigkeit vorstellen und Hintergrundinformationen zu den anstehenden Prozessen gegen die Polizisten liefern.