Pressemitteilung , 01.12.2014
Gewaltvorwürfe gegen Betreiberin von Flüchtlingsunterkunft in Lechbruck / Vier Bewohner waren an Hungerstreik am Sendlinger Tor beteiligt
Seit etwa zwei Jahren sind Flüchtlinge aus verschieden Herkunftsländern im ehemaligen Pferde-Ferienhof Wieshelmen nahe der Kleinstadt Lechbruck am See bei Füssen untergebracht. Die Pension wurde vom Landratsamt Marktoberdorf als dezentrale Unterkunft angemietet, betrieben wird sie weiterhin von der privaten Besitzerin. In der Unterkunft, in der vor allem Familien untergebracht sind, sind die Zimmer teilweise von Schimmel befallen. Zudem klagen BewohnerInnen über willkürliche Verbote und Beleidigungen von Seiten der Betreiberin. Am schwersten jedoch wiegt der Vorwurf der Gewalt gegen Flüchtlinge durch die Betreiberin.
In drei Fällen, so die Vorwürfe, soll die Betreiberin Gewalt gegenüber BewohnerInnen angewandt haben. Beim ersten Vorfall habe sie eine Bewohnerin in einer Diskussion um die Nutzung der Waschmaschinen an der Hand verletzt. Zudem habe sie eine Asylbewerberin bei einer Zimmerkontrolle geohrfeigt. Erst vor Kurzem sei eine schwangere Frau Opfer der Gewalt geworden. In zwei der drei Fälle wurde die Körperverletzung zur Anzeige gebracht, die Polizei ermittelt noch. Zu den Vorfällen liegen teilweise Arztberichte und Fotos vor. Darüber hinaus habe die Betreiberin die BewohnerInnen mehrfach rassistisch beleidigt.
Die Flüchtlinge beklagen außerdem die schlechte Unterbringungssituation. Die Zimmer, in denen auch Familien mit Kleinkindern leben, sind teilweise von Schimmel befallen. Es liegen ärztliche Atteste vor, die vor einer Gesundheitsgefährdung warnen und eine anderweitige Unterbringung für die betroffenen Familien empfehlen.
Ebenso macht den Flüchtlingen die Isolation zu schaffen, die durch das Verhalten der Betreiberin verstärkt werde. Die dezentrale Unterkunft liegt ca. 1,5 Kilometer außerhalb der 2300-Einwohner-Gemeinde Lechbruck. Hilfsangebote und Sachspenden aus der Nachbarschaft seien von der Betreiberin wiederholt blockiert oder erschwert worden, ein Kontakt zur Lokalbevölkerung bestehe kaum. Das Spielen der Kinder im weitläufigen Außenbereich sei wegen angeblicher Störung des Restaurantbetriebs untersagt worden. Ein ehemals vorhandener Spielplatz, wurde kürzlich zu einer Schafweide umfunktioniert, ein kleiner Gartenteich vor dem Haus mit einem Elektrozaun versehen.
„Die Flüchtlinge in Lechbruck leiden unter der Willkürherrschaft der Betreiberin. Diese verdient viel Geld mit der Unterbringung der Flüchtlinge, bis zu zwanzig Euro pro Tag und Person sind mit der Vermietung als dezentrale Unterkunft derzeit zu machen. Die Situation der Flüchtlinge sowie deren Rechte scheinen die Betreiberin jedoch egal zu sein“, kommentiert Dominik Haselwarter von der Karawane München.
„Vor allem die Vorwürfe der Körperverletzung und rassistischer Beleidigungen sind gravierend, eine Flüchtlingsunterbringung unter solchem Regiment ist absolut unzumutbar. Hier zeigt sich drastisch, dass im Freistaat derzeit bei der Auswahl der Flüchtlingsunterkünfte keinerlei Wert auf Qualitätsstandards und Kontrolle gelegt wird. In Lechbruck sind die Missstände eklatant, die Unterkunft muss umgehend geschlossen werden!“
Wie verzweifelt die Flüchtlinge hinsichtlich ihrer Lebenssituation sind, beweist die Teilnahme von vier Bewohnern, darunter auch Familienväter, am Hungerstreik am Sendlinger Tor in München. Einer der Protestierenden, Akeem Ademola, beschreibt seine Situation folgendermaßen:
„Ich will unbedingt weg aus der Unterkunft in Lechbruck. Wir haben keine Freiheit hier und sind dem Rassismus der Betreiberin machtlos ausgeliefert. Meine Frau leidet unter psychischen Problemen aufgrund der Situation hier. Ich habe am Hungerstreik teilgenommen, weil ich will, dass meine Kinder eine Perspektive und haben und frei sein dürfen.“
John Peter, der ebenfalls am Hungerstreik teilnahm, ergänzt:
„Ich lebe mit meinem Kind und meiner schwangeren Frau im Keller des Gebäudes. Wir haben nur einen einzigen Raum für uns und dieser ist voller Schimmel und wir haben kein eigenes Bad. Wir haben Probleme mit der Betreiberin. Meine schwangere Frau wurde von ihr ins Gesicht und in den Bauch geschlagen.“
Jamiu Ishola, ein weiterer Hungerstreikender aus Lechbruck, kommentiert seine Entscheidung zum Protest wie folgt:
„Die Situation im Lager macht uns krank. Ich habe am Hungerstreik teilgenommen, weil ich hier in Deutschland in Freiheit leben will und nicht wie ein Sklave im Lager.“