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Zu Besuch bei SPD und CSU.

Heute, am Freitag, den 23. Februar 2007, hat die Karawane im Rahmen der Münchner Bleiberechtsplattform neben einer Pressekonferenz zur Problematik des Bleiberechts auch bei den Parteizentralen von SPD und CSU vorbeigeschaut.

Zu Besuch bei der SPD
Wir hatten unseren Besuch schon angekündigt und darum gebeten, ein Schreiben übergeben zu können. In der Tat wurde auch eine Delegation vom SPD-Landesgeschäftsführer, dem bayerischen Juso-Vorsitzenden und der Vorsitzenden der bayerischen ASF empfangen, die auch hineingebeten wurden, um sich anzuhören, was sie zum Bleiberecht vorzubringen hatten. Das Gespräch dauerte länger als erwartet, die SPD versuchte zu erklären, wieso die Union am derzeitigen Nichtzustandekommen des Bleiberechts schuld wäre. Auf den Hinweis hin, die SPD hätte es in der Zeit der rot-grünen Regierung versäumt, ein Bleiberecht zu verabschieden, war dann auch das Gespräch schon beendet. Dennoch kamen die SPDlerInnen noch zur Kundgebung, die gleichzeitig stattfand herunter und erklärten, dass sie mit den allermeisten unserer Ziele übereinstimmen würden. Sie überreichten uns auch noch eine Presseerklärung der stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Ute Vogt zum Bleiberecht. Ironischerweise ist genau dieser zu entnehmen, dass auch die SPD noch Nachhilfe beim Bleiberecht braucht. Sie verteidigt das vereinbarte Bleiberecht und erklärt:

Etwa 100.000 Menschen werden die Anforderungen erfüllen und bekommen zunächst für zweieinhalb Jahre ein echtes Aufenthaltsrecht. Wer in dieser Zeit seinen Lebensunterhalt „überwiegend durch eingeständige Erwerbstätigkeit“ sichern kann, bekommt zwei weitere Jahre dazu.

Aber dass kann es genau nicht sein. Ein Bleiberecht muss Sicherheit und Zukunft bieten, nicht eine stückchenweise Verlängerung der Aufenthalte. In diesem Sinne hoffen wir, dass auch die SPD ihre Position noch verbessert und sich für das ganze Bleiberecht einsetzt. Das Schreiben, dass wir überreichten, war nämlich eine Duldung (Aussetzung der Abschiebung), ausgestellt für die MdBs der SPD, die um 6 Monate verlängert wird, falls ein Bleiberecht für 100.000 Menschen verabschiedet wird, um 12 Monate bei einem Bleiberecht für 192.000 Menschen, und falls Illegalität und Duldung abgeschafft wird, wird sie in eine (unbefristete) Niederlassungserlaubnis umgewandelt.

Delegation vor der SPD-Zentrale Die Duldung für die Abgeordneten Vor der SPD-Zentrale Kungebung vor der SPD-Zentrale

Und bei der CSU
Bei der CSU war die Stimmung noch ein Stückchen besser, aber so ist das halt, wenn einem der Wind stärker entgegenweht. Beckstein und Stoiber haben ja die letzten Tage nochmal stärker gegen das Bleiberecht geschossen, und uns wollten sie einfach ignorieren (Motto des CSU: „Näher am Menschen“). Weil angeblich niemand mehr im Haus war (Dienstschluss 14.15 Uhr, das sind Arbeitszeiten), konnte auch niemand unsere Duldung entgegennehmen, obwohl die ganze Zeit Autos rein und rausfuhren. Nach langer Diskussion, Parolen und einer Rede der Karawane München nahm dann der Leiter der Sicherheitsabteilung der CSU die Duldung entgegen.

Vor der CSU-Zentrale Vor der CSU-Zentrale Vor der CSU-Zentrale
Die Duldung für die CSUler Übergabe der Duldung CSUler zieht mit Duldung von dannen

Fazit
Kein schlechter Auftakt für den Aktionstag. Morgen ist die Demo, und da werden wir dann nochmal so richtig laut für ein Bleiberecht eintreten.

Siehe auch:

100 Tage und kein Bleiberecht!

100 Tage und kein Bleiberecht — Aufruf auf Deutsch

Anlässlich des bundesweiten Aktionstag „100 Tage und kein Bleiberecht“ finden auch in München Aktionen statt.

23. Februar 2007
13.oo Uhr, Aktion vor der SPD – Zentrale, Oberanger 38
15.oo Uhr, Aktion vor der CSU – Zentrale, U1 Mailingerstraße

24. Februar 2007
15.oo Uhr Stachus: Demo mit Microphone Mafia (Hiphop aus Köln)

Aufruf auf Deutsch, Englisch und Französisch, sowie eine Hörprobe von Microphone Mafia

[audio:http://carava.net/wp-content/uploads/2007/02/microphonemafiatestanera.mp3]


Das Recht, das für die zweihunderttausend Ausländer gilt, die seit Jahren als „Geduldete“; in Deutschland leben, ist ein einziges Desaster, es ist ein Recht das Unglück schafft, ein Recht das Menschen verzweifeln lässt.
(Süddeutsche Zeitung, 16.11.2006, Seite 4)

Seit Jahren versprechen PolitikerInnen, den unmenschlichen Zustand der Kettenduldungen für Flüchtlinge abzuschaffen. Letzter Versuch war das Bleiberecht von 2006, doch 100 Tage später ist klar: es war nur ein einmaliger Gnadenakt. Der Angstzustand „Duldung“ bleibt für den Großteil bestehen. Lageralltag, Abschiebungen, Arbeitsverbote und die Verletzung der Würde von Flüchtligen gibt es weiterhin.

Im März wird der Bundestag zwar beim Bleiberecht nachbessern, aber gleichzeitig das Aufenthaltgesetz weiter verschärfen, was neue Geduldete und noch mehr Illegalisierte zur Folge haben wird. Daher gehen am 24. Februar unter dem Motto „100 Tage und kein Bleiberecht“ in ganz Deutschland Menschen auf die Straße und fordern vom Bundestag: Schafft die Duldung ab! Wir wollen das ganze Bleiberecht!

Ein erster Schritt ist getan Nachdem im November 2006 in Nürnberg 2500 Menschen für das Bleiberecht protestierten, sahen sich die Innenminister gezwungen, auf die jahrelange Kampagne für ein Bleiberecht zu reagieren: Sie haben entschieden, dass einige wenige Geduldete bleiben dürfen (etwa 10-15 % der 192.000 Geduldeten). Die anderen werden ausgeschlossen, weil sie nicht lange genug in Deutschland sind, weil sie nicht an ihrer Abschiebung mitgearbeitet haben oder ein paar mal schwarz gefahren sind. Und nicht zuletzt bleiben mit den Illegalisierten 500.000 bis 1.000.000 Menschen, die ohne jegliche Rechte in Deutschland leben, von einer Bleiberechtsperspektive ausgeschlossen.

Die Bundestagsentscheidung 2007 Die Koalition wird ein neues Aufenthaltsgesetz verabschieden und ein gesetzliches Bleiberecht beschließen. Es gibt zwar Verbesserungen, doch das größte Problem des bisherigen Bleiberechts bleibt bestehen: Nur wer an einem bestimmten Stichtag schon 8 bzw. 6 Jahre hier ist, kommt überhaupt in Frage. Für alle Anderen gibt es keine Perspektive, auch wenn sie dann irgendwann 8 Jahre hier sind. Das Bleiberecht bleibt damit ein einmaliger Gnadenakt, der das Problem nur vertagt. Vor allem ist jedoch zu befürchten, dass das gesetzliche Bleiberecht mit extrem harten Verschärfungen beim Familiennachzug und bei der Verlängerung einer schon erteilten Aufenthalterlaubnis „bezahlt“ werden muss. Das Gesetz wird damit wieder neue Geduldete und Illegalisierte zur Folge haben, statt endlich eine vernünftige Lösung zu suchen.

Noch mehr Abschiebungen? Gleichzeitig mit dem Bleiberecht kündigten die Innenminister an, noch mehr abschieben zu wollen. Auf geduldete Flüchtlinge wird zunehmend Druck ausgeübt, damit sie „freiwillig ausreisen“: durch Einweisung in Abschiebelager, Arbeitsverbote, Entzug von Sozialleistungen, Aufenthaltsbeschränkungen oder die Kriminalisierung wegen „mangelnder Mitwirkung“. In Kollaboration mit diktatorischen Regimes, wie z.B. den Regierungen von Togo und Äthiopien, werden Menschen mit Sammelcharterflügen brutal verschleppt und an ihre Verfolger ausgeliefert.

Nicht mit uns! MigrantInnen, Flüchtlinge und ihre UnterstützerInnen schaffen es immer wieder, Abschiebungen aktiv zu verhindern. Sei es durch individuelle Widerspenstigkeit, öffentlichen Druck oder direkte Aktionen an Flughäfen. All diese jahrelangen Widerstandserfahrungen müssen wir gerade jetzt zusammenbringen, damit die Rechnung der Innenminister und Bürokraten, die durch Abschiebungen die Auseinandersetzung um das Bleiberecht in ihrem Sinne entscheiden wollen, nicht aufgeht!

Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: Sie muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen. (Johann Wolfgang von Goethe)

Wir wollen ein Bleiberecht für alle Geduldeten und Illegalisierten erreichen. Als Schritte auf dem Weg dorthin fordern wir von einem neuen Bleiberecht:

  • Statt einem einmaligen „Gnadenerlass“ mit Stichtagsregelung muss es einen dauerhaft verankerten Rechtsanspruch auf Bleiberecht geben, der auch später Eingereisten ein „Hineinwachsen“ in ein Aufenthaltsrecht ermöglicht.
  • Geldstrafen, mangelnde Mitwirkung an der eigenen Abschiebung oder mangelnde Sprachkenntnisse dürfen niemanden vom Bleiberecht ausschließen. Ein Arbeitsnachweis darf keine Bedingung für ein Bleiberecht sein.
  • Für alle Kinder und Jugendlichen und ihre Familien, Kranke, Alte und traumatisierte Menschen muss es ein Bleiberecht geben.
  • Alle seit dem 23.06.2005 – seit dem ersten Appell zur Innenministerkonferenz in Stuttgart – abgeschobenen Menschen, die unter die Neuregelung fallen, müssen zurückkehren dürfen.
  • Eine Bleiberechtsregelung im Bundestag darf nicht mit anderen ausländerrechtlichen Verschärfungen erkauft werden!
  • Schluss mit Abschiebungen!