Prozesstermin:
Donnerstag, 27. März, 13 Uhr
Amtsgericht München, Nymphenburger Straße 16, Sitzungssaal A 127/I
Am Donnerstag, 27. März, findet um 13 Uhr am Amtsgericht München ein Prozess gegen H. Eberl, Aktivist der „Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen“, statt. Anlass ist eine Protestaktion gegen eine Abschiebeanhörung irakischer Flüchtlinge, die am 21. April 2007 in einem Münchner Flüchtlingslager stattfand.
Zum Hintergrund: Am 21. April 2007 wurden irakische Flüchtlinge aus ganz Bayern nach München zu einer Sammelanhörung der irakischen Botschaft geladen, um ihnen Pässe und Passersatzdokumente für die Abschiebung in den Irak auszustellen. Die Menschenrechtsgruppen „Karawane“ und „Jugendliche ohne Grenzen“ protestierten am Ort des Geschehens. Sie informierten die vorgeladenen Flüchtlinge, die von den Ausländerbehörden nicht über den Zweck der Vorladung aufgeklärt wurden, über die Gefahr einer Abschiebung in Folge der Teilnahme an der Sammelanhörung. Zwei Aktivisten bekamen im Zuge der Aktion eine Anzeige wegen „Aufruf zu Straftaten“: Ihnen wird vorgeworfen, die irakischen Flüchtlinge zum Boykott der Abschiebeanhörung ermutigt zu haben. Die Münchner Staatsanwaltschaft sieht in einem solchen Boykott einen Verstoß gegen die „Mitwirkungspflicht“ und die „Passpflicht“ – Regelungen, die darauf abzielen, Flüchtlinge zur Mitwirkung an der eigenen Abschiebung zu verpflichten.
Das Oberlandesgericht Celle entschied in einem Urteil vom 4. Oktober 2006, dass die Verweigerung der Vorsprache bei einer ausländischen Botschaft keine Straftat darstellt, womit die Aufforderung, eine Botschaftsanhörung zu boykottieren, logischerweise auch kein „Aufruf zu Straftaten“ sein kann.
Dazu die Pressesprecherin der „Karawane“, Andrea Naica-Loebell: „Wir finden es skandalös, wenn deutsche Behörden gemeinsam mit den Botschaften der Herkunftsländer versuchen, von Flüchtlingen die Mitwirkung an der eigenen Abschiebung zu erzwingen. Und es kann ja wohl nicht sein, dass jemand, der die Flüchtlinge über den Zweck der Anhörung aufklärt, deswegen vor Gericht gezerrt wird. Was den Ausgang des Prozesses angeht, sind wir optimistisch. Das OLG Celle hat klar entschieden, dass der Boykott einer Botschaftsanhörung nicht strafbar ist. Wir gehen davon aus, dass das Münchner Amtsgericht genauso entscheiden wird.“
Abschiebungen aus Deutschland in den Irak gibt es seit einem entsprechenden Beschluss der Bundesinnenministerkonferenz im November 2006. Bereits seit dem Einmarsch der Besatzungstruppen 2003 wird anerkannten irakischen Flüchtlingen das Asyl entzogen, mit der Begründung, seit dem Sturz Saddam Husseins sei keine asylrelevante Gefährdung mehr gegeben. Dazu Andrea Naica-Loebell, Pressesprecherin der „Karawane“: „Der Irak wurde seit Jahren durch Diktatur, Krieg, Besatzung und Terror zerstört. Täglich werden dort Menschen umgebracht, und zwar in allen Teilen des Landes – allein am letzten Wochenende gab es wieder Dutzende Tote. Irakischen Flüchtlingen den Schutz zu entziehen und sie abzuschieben, bedeutet Menschen in Krieg, Terror und Tod zu schicken. Auch Pro Asyl hat anlässlich des fünften Jahrestages des Kriegsbeginns im Irak gerade erst wieder gefordert, den unmenschlichen Umgang mit irakischen Schutzsuchenden innerhalb Europas zu beenden. Es müssten großzügig weitere Flüchtlinge aus dem Irak aufgenommen und auf gar keinen Fall darf jemand dorthin abgeschoben werden!“
Mehr Informationen zur Kampagne gegen Abschiebungen in den Irak http://irak.antira.info