Bericht über Aktion zum CSU-Parteitag – Forelle blau/weit mit brauner Soße // CSU-Watch_Rassismus in der absoluten Mehrheit

Am Samstag veranstaltete die Karwane München eine Protestaktion an der Messe München, anlässlich des dort stattfindenden CSU-Parteitags, um gegen die rassistische Politik der CSU und die sich immer weiter verschärfende Rhetorik der Ausgrenzung durch die Partei, die in Bayern regiert, zu protestieren. Nachdem zunächst eine Theater-Performance veranstaltet wurde, die das Fischen am rechten Rand durch das CSU-Spitzenpersonal darstellte, wurde ein Redebeitrag gehalten, der unten zu lesen ist. Mit einer zeitgleich stattfindenden Solidaritätskundgebung mit den inhaftierten HDP-Abgeordneten in der Türkei wurde durch   ein starkes Signal der Solidarität gegen Repression, Rassismus und gesellschaftlichen Rechtsruck – in Bayern, Deutschland, der Türkei und überall – gesetzt. Etwa hundert Genoss*innen der kurdischen Kundgebung führten eine Spontandemo zu unserer Kundgebung durch und es gab gemeinsame Redebeiträge.

Fotos der Aktion folgen.

#CSU-Watch – Rassismus in der absoluten Mehrheit – Kampagnentext:

Seit den Ereignissen im Sommer letzten Jahres, als viele geflüchtete Menschen nach München kamen, ist die Asyl- und Ausländerpolitik ein zentrales Thema in Öffentlichkeit und Politik. Doch anstatt sich für einen solidarischen Umgang den angekommenen Menschen zu bemühen, wird der Diskurs nur noch von populistischen Forderungen dominiert, bei denen sich Vertreter*innen aller Parteien mit ihren pauschalisierenden und abwertenden Äußerungen gegenseitig überbieten.

Egal ob Petry, Gauland und Höcke von der AfD, die Linken Wagenknecht und Lafontaine oder die Grünen Kretschmann und Palmer – Ressentiments und Hetze gegen Migrant*innen sind en vogue. Insbesondere Vertreter*innen der CSU nutzen dieses Feld um mit ihrer Rhetorik den Diskurs in der Asyl- und Ausländerpolitik beständig nach rechts zu schieben und heizen mit rassistischen Parolen die bedrohlich Atmosphäre weiter mit an.

 

Migration wird von der CSU ausschließlich als Problem thematisiert, als wirtschaftliche, kulturelle oder sicherheitspolitische Bedrohung. Auf dem Rücken von Geflüchteten werden mehr Überwachung und kulturelle Homogenität gefordert. Joachim Hermann fordert die Ausweitung von Befugnissen der Sicherheitsbehörden zur „Durchleuchtung“ aller Geflüchteten und kriminalisiert diese damit pauschal.

Treu der Strauß-Doktrin folgend, wonach es  keine demokratisch legitimierte Partei rechts der CSU geben darf, scheint das Ziel, die Ressentiments der deutschen Mehrheitsgesellschaft zu bedienen und die AfD in Bayern überflüssig zu machen.

„Die Botschaft an die Wähler der AfD muss lauten: Wir haben verstanden“ bringt Stephan Mayer, CSU Bundestagsabgeordneter, die Strategie der bayerischen Konservativen auf den Punkt.

 

Dieselbe Anbiederung an ein rechtes Wähler*innenklientel äußert sich in der harschen Kritik an der vermeintlich zu flüchtlingsfreundlichen Politik von Angela Merkel. Dass unter Angela Merkel die massivsten rechtlichen Einschränkungen im Asylrecht seit dem Asylkompromiss 1993 durchgesetzt wurden und die europäische Abschottungspolitik gegen Geflüchtete reinstalliert wurde, wird hier bewusst verschwiegen. Merkel hat nie eine menschliche Asylpolitik betrieben, sondern sie musste sich im Sommer 2015 der Faktizität der Migration stellen. Dass diese pragmatische Entscheidung von der CSU ideologisch als eine vermeintlich zu tolerante Haltung umgedeutet wird, dient wiederum dazu, Verständnis für das rassistische „Merkel-muss-weg“ Wutbürgertum auszustrahlen.

All diese rassistische Hetze passiert vor dem Hintergrund brennender Asylunterkünfte und rassistischen Mobs in deutschen Städten. Seit 2014 kam es zu einer massiv ansteigenden Anzahl an rassistischen Anschläge auf Unterkünfte und gewalttätigen Angriffen auf Geflüchtete. Seit zwei Jahren treffen sich Menschenmassen wöchentlich in mehreren Städten als Ableger der Pegida-Bewegung, um ihre rassistische Hetze auf den Straßen zu verbreiten. In mittlerweile 10 Landtagen sitzt die rechtspopulistische Partei AfD, in 7 davon erreichten sie Ergebnisse im zweistelligen Bereich. Statt der rassistischen Hetze von AfD und Pegida entgegenzutreten, versucht die CSU sich selbst als asylpolitischer Hardliner zu positionieren. Dadurch vergiftet die CSU aber nicht nur den öffentlichen Diskurs über Migration und bestärkt ein völkisch-nationalistisches Bewusstsein in weiten Bevölkerungskreisen, sondern schafft auch eine tatsächliche Verschlechterung der rechtlichen Situation der Betroffenen.

2014 erfolgte auf massives Betreiben der CSU die Erweiterung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten um die Westbalkanstaaten, zunächst Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien, im Jahr 2015 dann Albanien, Montenegro und Kosovo.  Durch die Kategorisierung bestimmter Staaten als sogenannte sichere Herkunftsländer werden die Betroffenen massiv diskriminiert und entrechtet. Eine Anerkennung im Asylverfahren und gesellschaftliche Teilhabe werden somit unmöglich gemacht. Den Betroffenen wird pauschal unterstellt, scheinbar „unwichtige“ Fluchtgründe zu haben und sie werden somit zu Asylsuchenden zweiter Klasse.

Dieser massiven Entrechtung ging eine Welle der Hetze der CSU gegen Migrant*innen aus den Balkanstaaten voran. CSU Landrat Christian Bernreiter etwa meinte im bester NPD-Manier: „Wir sind nicht das Sozialamt vom Balkan“. Horst Seehofer wiederholte diese Aussage wenig später. Staatskanzleichef Marcel Huber meinte zu wissen, dass Menschen aus dem Kosovo in „volksfestartiger Stimmung am Busbahnhof in Pristina“ nach Bayern aufbrechen. In Hinblick auf die katastrophalen Lebensbedingungen und die massive Diskriminierung, der vor Allem die Roma-Minderheit im Kosovo tagtäglich erleben muss und der generellen Armut des Landes ist diese Aussage an Zynismus und Menschenfeindlichkeit wohl nur noch schwer zu überbieten.

Parteivorsitzender Horst Seehofer schaffte es zuvor aber bereits um Längen: Beim politischen Aschermittwoch der CSU hat er  im Jahr 2011 klargestellt, dass seine Partei sich gegen eine vermeintliche Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme „bis zur letzten Patrone sträuben“ werde. Damit zitiert Seehofer den Durchhaltebefehl des Naziregimes, Berlin „bis zur letzten Patrone“ zu verteidigen, verwendet also bewusst eine NS-Rhetorik von nationaler Abwehr und Krieg gegen Fremdinvasion.

Nachdem die CSU lange öffentlich vorgebaut hatte, Menschen aus den Balkanstaaten per se als sogenannte Wirschaftsflüchtlinge abzuwerten, wurden im September 2015 schließlich gesonderte sogenannte Ankunfts- und Rückführungszentren für Migrant*innen vom Balkan errichtet, um diese möglichst schnell abzuschieben. Tausende Menschen wurden aus diesen Abschiebelagern bereits zwangsweise in ihre vermeintlichen Herkunftsländer zurückgeschoben oder durch die abschreckenden Lebensumstände und die permanente Gefahr der Abschiebung zur Ausreise getrieben. Für die Betroffenen bedeutet dies oftmals eine abrupte Veränderung der Lebensrealität und die Ankunft in einer Situation der Perspektivlosigkeit und Diskriminierung, ohne Besitz und gesellschaftlichen Anschluss. Die öffentliche Diffamierung, Zwangszuweisung in Sammellager und schließlich Abschiebung von tausenden Migrant*innen aus den Balkanstaaten ist ein massives rassistisches Ausgrenzungsprojekt, dessen maßgeblicher Akteur die CSU ist.

Mit dem sogenannten bayerischen Integrationsgesetz versucht die CSU eine völkisch-homogenes Gesellschaftsverständnis zu propagieren, indem Begriffe wie Leitkultur, kulturelle wie gesellschaftliche Zugehörigkeit gesetzlich verankert werden sollen. Darin soll jeder Mensch, der in Bayern lebt und als Ausländer definiert wird, was auch Menschen betrifft, die zwar die deutsche Nationalität besitzt, deren Vorfahren vor zwei Generationen nach Deutschland migrierten zu besonderen Integrationsbemühungen verpflichtet werden. Integration wird als Anpassung und Unterordnung verstanden, und Menschen als Ausländer*innen konstruiert und somit aus dem nationalen Kollektiv ausgeschlossen. Diese Markierung von Menschen als nicht-zugehörig ist ein weiterer Schritt zur systematischen gesellschaftlichen Ausgrenzung und rassistischen Diskriminierung von Menschen, die in Bayern leben. Kultur wird als feststehend und zu verteidigendes Gut der Mehrheitsgesellschaft gegenüber scheinbar fremden Einflüssen verstanden. Entsprechend heißt es in dem Papier der Parteivorstandsklausur vom September 2016: „Deutschland muss Deutschland bleiben“.

 

Seit Jahren fährt die CSU in der Asyl und Ausländerpolitik einen strikten Kurs der Ausgrenzung, Abschreckung und Abschiebung. Gesellschaftliche Teilhabe wird durch Arbeitsverbote, Lagerzwang und Nichtanerkennung unterbunden. Für den bayerischen Innenminister Joachim Hermann ist dabei selbst die Abschiebung in Krisengebiete kein Tabu. Generalsekretär Andreas Scheuer verriet kürzlich, was er über gesellschaftlichen Anschluss von migrantischen Personen denkt: „Das schlimmste ist ein Fußball spielender, ministrierender Senegalese, der über drei Jahre da ist (…). Weil den wirst du nie wieder abschieben“. Offensichtlich ist tatsächliche gesellschaftliche Teilhabe geflüchteter Menschen in der CSU gar nicht gewünscht, sondern gilt immer als Hindernis für eine rasche Abschiebung. Wer ein derartiges Integrationverständnis hat, kann folgerichtig nur ein rassistische Integrationsgesetz im Sinne von Anpassung und Unterwerfung konzipieren.

In die gleiche Richtung stoßen alle weiteren Ansätze in der Asyl und Ausländerpolitik. Die Debatte um eine Obergrenze für geflüchtete Menschen ist absurd wie sie populistisch ist und wird trotzdem weiterhin hartnäckig verhandelt. Was allerdings geschehen soll, wenn diese Grenze erreicht wird, lässt sich nur erahnen. Die Erweiterung der Liste der sogenannten sicheren Herkunftsländer um Marokko, Tunesien und Algerien steht weiter auf der Agenda, obwohl die Menschenrechtsverletzungen in diesen Ländern offensichtlich sind. Generell ist die Kategorie des sicheren Herkunftsland  schlichtweg ein Werkzeug um Menschen das Recht auf Asyl zu entziehen und diese dann massenhaft unkompliziert abzuschieben. Das haben innerhalb des letzten Jahres die Abschiebelager in Manching/Ingolstadt und Bamberg gnadenlos gezeigt. Die Frage nach der Situation in besagten Ländern spielt dabei überhaupt keine Rolle, sondern einfach nur innerpolitische Kalkül und die Durchsetzbarkeit. Die Entscheidung im Bundesrat wurde zwar vertagt, da auf Grund der Menschenrechtssituation in diesen Ländern keine Mehrheit zu Stande kam. Doch wie bei allen anderen sogenannten sicheren Herkunftsländern ist zu befürchten, dass auch das nur davon abhängt wie stark in nächster Zeit der öffentliche Diskurs von rassistischen Diffamierungen dominiert wird. Die sexistischen Übergriffe in der Silvesternacht von Köln wurden schon zu diesem Zweck vereinnahmt und zu einer Verschärfung des Ausweisungsrechts genutzt, statt die Probleme von gesellschaftlichem Sexismus zu thematisieren. Und schließlich steht eine Überarbeitung der Dublin-Verordnung an, die bereits in Brüssel verhandelt wird, die auf weitere Einschränkungen für geflüchtet Menschen abzielen – und vor Allem darauf, Migrant*innen von Deutschland fernhalten. Dies spielt der CSU noch zusätzlich noch in die Karten, ihr Ziel zu verfolgen, die Migration zu verhindern und Grenzen weiter zu schließen.

Statt  weiter zu akzeptieren, dass die Partei mit der absoluten Mehrheit im bayerischen Landtag rassistische Rhetorik und Praxen forciert, wollen wir für eine offene und solidarische Gesellschaft für Alle kämpfen. CSU-Äußerungen müssen öffentlich viel stärker hinterfragt und kritisiert werden und dürfen nicht länger größtenteils unwidersprochen stehen bleiben –  und sollten bei Wahlen nicht belohnt werden. Wir fordern eine menschliche und solidarische Asylpolitik statt herbeifabulierten Bedrohungsszenarien und Ressentiments.  Wir wollen uns mit denen solidarisieren, die von den Auswirkungen der CSU-Gesetzesprojekte am stärksten betroffen sind. Wir erklären unsere Solidarität mit dem geräumten Hungerstreik am Sendlinger Tor und unterstützen die Forderungen. Ebenso erklären wir uns solidarisch mit den Betroffenen der Repressionswelle und der fortschreitenden Faschisierung der Türkei durch Erdogan.