Karawane-Aktivist wegen Aktion gegen Irak-Abschiebeanhörung freigesprochen!

Der Karawane-Aktivist H. Eberl, gegen den am 27.3. am Amtsgericht München ein Prozess wegen einer Aktion gegen eine Abschiebeanhörung irakischer Flüchtlinge lief, wurde freigesprochen. Selbst die Staatsanwaltschaft plädierte am Ende für Freispruch. Dem Aktivisten war „öffentliche Aufforderung zu Straftaten“ vorgeworfen worden, da er angeblich Flugblätter in Kurdisch und Arabisch verteilt hatte, in denen irakische Flüchtlinge zum Boykott einer Abschiebeanhörung vor Angehörigen der irakischen Botschaft aufgefordert wurden.

Näheres zum Hintergrund des Verfahrens:

http://carava.net/2008/03/25/karawaneaktivist-wegen-aktion-gegen-abschiebungen-in-den-irak-angeklagt/

Die Anklage scheiterte daran, das festgestellt wurde, dass in den Flugblättern zu gar nichts eindeutig aufgerufen wurde. Die Begründung war ungefähr so: In dem Flugblatt stand sinngemäß, das die Leute nicht zur Botschaft gehen sollen und dass sie nicht ohne ihren Anwalt mit dem Botschaftspersonal sprechen sollen. Das ließ nach Ansicht der Verteidigung, die die Staatsanwaltschaft und der Richter wohl oder übel akzeptieren mussten, verschiedene Interpretationen zu: Es gäbe die Möglichkeit, dass das bedeuten soll, dass die Leute nicht reingehen sollen und wenn sie dennoch reingehen wenigstens nichts ohne Anwalt sagen sollen, was ein Aufruf zum Boykott wäre, oder dass sie einfach nichts ohne den Anwalt sagen sollen, was keinen Aufruf zum Boykott darstellt. Im Zweifel für den Angeklagten also kein Aufruf zum Boykott.

Amüsant war es, mit anzuschauen, wie Staatsanwalt und Richter, die den Aktivisten gerne verurteilt hätten, blutenden Herzens zugeben mussten, dass die Anklage nicht standhält. Zumal alle beide einen einschlägigen Ruf genießen: Der Staatsanwalt Martin Hoffmann aus dem Ressort für „politisch motivierte Straftaten“ ist bekannt für seinen verbissenen Eifer beim Verknacken linker Aktivist_innen. Der Richter Thomas Müller hat sich erst kürzlich damit hervorgetan, die Versammlungleiterin der Demo gegen die NATO-Sicherheitskonferenz 2007 wegen angebl. Nichterfüllen von Auflagen zu einer Geldstrafe zu verurteilen – mit einer juristisch haarsträubenden Begründung, die unter anderem Stilblüten wie den Vorwurf einer „hetzerischen Körperhaltung“ enthielt. Auch diesmal ließ Müller es sich nicht nehmen, sich noch bei der Verkündung des Freispruchs über den „konspirativen Umgang des Angeklagten mit seinen Flugblättern“ auszulassen und wiederholt sein Missfallen darüber kundzutun, dass er von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch gemacht hatte.

Soweit so gut. Erstrebenswert wäre es allerdings ein Urteil gewesen, das eindeutig feststellt, dass ein Boykott einer Abschiebeanhörung, bzw. der Aufruf dazu, an sich keine Straftat darstellt – so wie es bereits vom OLG Celle entschieden wurde. Somit haben sich die Staatsanwaltschaft und das Gericht um eine solche Grundsatzentscheidung für Bayern herumgedrückt.

Trotzdem: Der Freispruch ist ein Punktsieg gegen die Kriminalisierung antirassistischer Aktionen!

Es bleibt dabei:

Abschiebeanhörungen stoppen!

Keine Abschiebungen in den Irak, keine Abschiebungen nirgendwohin!

näheres zur Irak-Kampagne:

www.irak.antira.info