Gemeinsame Pressemitteilung der Karawane München und des Bayerischen Flüchtlingsrats vom 01.02.2010
Flüchtlinge im Hungerstreik: Seit einer Woche protestieren Flüchtlinge in Niederbayern mit einem Hungerstreik gegen ihre schlechten Lebensbedingungen
Aus Protest gegen die schlechten Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Bayern sind 10 Bewohner der Flüchtlingslager in Hauzenberg und Breitenberg in Niederbayern (Lkr. Passau) seit Dienstag vergangener Woche (26.01.2010) in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Die Flüchtlinge fordern Bargeld statt Essenspaketen, Arbeitserlaubnisse, die Aufhebung des Lagerzwangs, die Beendigung der Isolation sowie das Recht, sich in ganz Bayern frei zu bewegen. Die Karawane München und der Bayerischer Flüchtlingsrat unterstützen die Forderungen. Mittlerweile sind die Behörden aufgeschreckt, die Regierung von Niederbayern hat für Dienstag, den 2. Februar einen Besuch des Lagers in Hauzenberg angekündigt.
Lange Zeit haben die BewohnerInnen der Flüchtlingslager in den niederbayerischen Gemeinden Hauzenberg und Breitenberg erfolglos gegen ihre diskriminierende Situation protestiert. Nun haben sich 10 junge Männer in der Unterkunft in Hauzenberg dafür entschieden, jede feste Nahrung zu verweigern. Im benachbarten Breitenberg boykottieren die LagerbewohnerInnen kollektiv die Annahme von Essenspaketen, denn die wöchentlichen Essenspakete stehen symbolisch für die Missstände, unter denen Flüchtlinge in Bayern zu leiden haben. „Die Qualität der Lebensmittel ist schlecht und das Essen oft fast abgelaufen, wenn wir die Pakete bekommen. Es gibt immer das gleiche und wir haben keine Möglichkeit, selbstständig über unser Essen zu entscheiden“, sagt Belmond Nsumbu, einer der Hungerstreikenden. Der ehemalige kongolesische Fussball-Nationalspieler lebt, seit er aus dem Kongo fliehen musste, in dem Lager in Hauzenberg.
Als unerträgliche Einschränkung empfinden die Flüchtlinge, dass sie nicht arbeiten und sich nicht ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen dürfen. Dazu kommt die Isolation durch die abgeschiedene Lage. „Man gibt uns keine Möglichkeit, unsere Talente zu nutzen. Wir fühlen uns so isoliert hier“, erklärt ein Mann aus Sierra Leone, der in Breitenberg untergebracht ist. Mit 40 Euro Bargeld im Monat ist es schwierig, das Lager zu verlassen, einen Großteil des spärlichen „Taschengeldes“ müssen die Flüchtlinge für Fahrten zu Behördengängen in Passau ausgeben. Zudem setzt die Residenzpflicht die LagerbewohnerInnen im Landkreises Passau fest: „Nach München dürfen wir nur mit Genehmigung, ständig werden wir kontrolliert, wer einen Tag zu spät zurück kommt, riskiert eine Strafe. Ich bin ein Mensch und will mich in Bayern frei bewegen. Was man uns antut, ist psychische Gewalt“, beklagt sich Kabamba Ban Ibanda aus Hauzenberg.
Uche Akpulu von der Menschenrechtsorganisation „Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen“ sichert den hungerstreikenden Flüchtlingen seine Unterstützung zu: „Bayern zeichnet sich seit Jahren durch eine diskriminierende Asylpolitik aus, bei der die Aufnahme einer Arbeit verboten wird und Menschen über Jahre hinweg in ihrer Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt und in Lagern isoliert werden. Asylsuchende dürfen hier nicht einmal selbst darüber entscheiden, was sie essen wollen – das ist Entmündigung. Die Forderungen der Flüchtlinge in Hauzenberg und Breitenberg sind auch die unseren, wir werden unser Bestes tun, damit ihr Kampf nicht vergeblich bleibt.“
Auch der Bayerische Flüchtlingsrat unterstützt die Forderungen der Streikenden: „Dass Flüchtlinge jetzt zu lebensbedrohlichen Protestformen greifen, ist die bedauerliche Konsequenz der Bayerischen Isolations- und Lagerpolitik. Seit mehr als einem Jahr werden Änderungen versprochen, jetzt muss endlich gehandelt werden“, so Tobias Klaus.