Lagerschließung in München

Regierung von Oberbayern schließt plötzlich drei Flüchtlingslager in München – ohne Respekt und ohne Konzept!

Drei so genannte Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge in München werden noch in diesem Jahr geschlossen (eine schon Ende September). Die Schließungen sind seit einem Jahr geplant, die zuständige Regierung von Oberbayern fand es aber lange nicht nötig, die Betroffenen darüber in Kenntnis zu setzen, viele warten immer noch auf den offiziellen Bescheid.
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“Sie alle haben eine Reife als Staatsbürger gezeigt, die mir Hoffnung macht.”

Hier der erste persönliche Bericht über die Botschaftsvorführung und die Einschüchterungen durch die Polizei. Er wurde uns von Hermann S. zugesendet, der vor Ort war und mit seiner Ruhe und Besonnenheit sehr wichtig für mich war. Wir werden noch mehr persönliche Eindrücke online stellen sobald sie da sind. Weiterlesen

Protest gegen Vorführung bei der nigerianischen Botschaft geht weiter

Vom 7. bis 9. August findet in München wieder eine Botschaftsvorführung statt. Diesmal ist die nigerianische Botschaft vor Ort. Bei diesen Terminen werden abgelehnte AsylbewerberInnen gezwungen, bei einer Delegation der Botschaft ihres (oft auch nur vermuteten) Heimatlandes vorzusprechen, um als Bürger desselben identifiziert zu werden. Im Falle einer Identifikation wird dann ein so genanntes Travel Certificate (TC) ausgestellt, mit dem eine Abschiebung erst möglich wird. Botschaftsvorführungen und Papierbeschaffung sind also zentrale Vorgehensweisen der Abschiebebehörden. Die Karawane München hat sich schon seit Jahren gegen diese Termine eingesetzt, zuletzt im April gegen ein Termin mit der Delegation der irakischen Botschaft. Meistens, wie auch heute, finden diese Termine im Flüchtlingslager in der Tischlerstraße statt. Die nigerianische Delegation hält sich die ganze Woche in München auf, und deswegen rufen wir auch weiterhin zu Protest auf. Konkret sind angemeldet

Kundgebungen gegen die Botschaftstermine mit der Nigerianischen Botschaft
Donnerstag, 9. August 2007
Flüchtlingslager in der Tischlerstraße (U-Bahn Fürstenried West)
9.oo bis 14.oo Uhr

Flüchtlingslager in der Tischlerstraße
Flüchtlingslager in der Tischlerstraße

Heute waren schon etwa 15 Menschen trotz Regen vor Ort, um ihrer Protest kundzutun und ankommenden Flüchtlingen den Hintergrund zu erklären. Die Polizei war mit rund 30 Beamten vor Ort und versuchte wiederrum (wie auch im April), Kontakt zu Flüchtlingen zu erschweren. Insbesondere stellten sie sich bei jedem Gespräch dazu und hörten mit, was wir als klare Einschüchterungstaktik einschätzen. Das penetrante und andauernde Abfilmen aller VersammlungsteilnehmerInnen wurde diesmal unterlassen, wir gehen davon aus, dass dies im Zusammenhang mit unserer Beschwerde beim bayerischen Datenschutzbeauftragten steht.

Bei der Abschiebeanhörung nigerianischer Flüchtlinge die vom 7. bis 10. August in München stattfindet, wird sich die Korruption im Herkunftsland zu nutze gemacht. Für jedes „Interview zur Identitätsklärung von Flüchtlingen“, welches nigerianische Botschaftsvertreter durchführen, erhalten sie 250 Euro von der Bundespolizei. Weitere 250 Euro Erfolgsprämie bekommen die Vertreter des korruptesten Landes in Afrika, wenn ein „Emergency Travel Certificate“ ausgestellt wird, das eine sofortige Abschiebung abgelehnter Asylbewerber ermöglicht. 2005 weigerte sich Nigeria noch, durch Anhörungen an Abschiebungen mitzuwirken. Nachdem das Kopfgeld von 130 Euro auf 250 Euro erhöht wurde, finden sie nun wieder statt.

Ob, wie es oft behauptet wird, es für Flüchtlinge eine Straftat darstellt, bei einem solchen Termin sich nicht einzufinden, bezweifeln wir. Nach einem Urteil des OLG Celle steht davon nämlich schlichtweg kein Wort im Gesetz. Wir fahren trotzdem eine zweigleisige Strategie und wollen auch weiter Druck auf die nigerianische Botschaft aufbauen, sich aus diesem schmutzigen Geschäft zurückzuziehen.

Call to Action! Against the Collaboration of the Nigerian Embassy with the German Authorities

Collaboration of the Nigerian Embassy in the deportation of Nigerians from Germany

As we, the Caravan for the Rights of Refugees and Migrants, Munich, have recently learned, the Nigerian Embassy is coming to Munich, Germany, in order to issue ‚travel certificates‘ (TC) for Nigerians living in Munich to the end of their deportation from Germany. The Bavarian Foreigners‘ Authorities have sent letters summoning Nigerians to attend this hearing with the Nigerian Embassy taking place on Wednesday, the 8th of August in the Munich refugee camp in Tischlerstrasse, and the hearings may well span over several days. The Nigerians summoned are being told that they have to attend in order to have their identity clarified, which means that if they are identified as being a Nigerian citizen, they will be issued a TC which in turn will allow the German authorities to deport them to Nigeria.

We strongly protest this decision of the Nigerian Embassy to neglect their duty to look after the welfare of their citizens abroad and rather collaborate with the German Authorities in order to tear Nigerians living in Bavaria out of their lives here and help to put them, forcefully, on a plane bound to Nigeria. This is not the first time that the Nigerian Embassy has come to Munich Tischlerstrasse. When they held these hearings in 2004, we observed a large number of deportations of Nigerians afterwards. We also want to state plainly that with this decision, the Embassy is assuming responsibility for the inhuman and degrading practice of deportation, a practice that already has lead to numerous deaths. It is not long ago that the Nigerian citizen Osamuyia Aikpitanhi was killed by Spanish officers while being deported from Spain in June 2007. The list of persons killed during a deportation is however much longer.

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proudly presents: re/visionen

Wir freuen uns, nach langer Wartezeit ein Buch ankündigen zu können, zu dem auch die Karawane München einen Artikel beitragen konnte:

re/visionen - das Buch

Kien Nghi Ha, Nicola Lauré al-Samarai, Sheila Mysorekar (Hg.)
re/visionen
Postkoloniale Perspektiven von People of Color auf Rassismus, Kulturpolitik und Widerstand in Deutschland
ISBN-13: 978-3-89771-458-8
Ausstattung: br., 456 Seiten
Preis: 24.00 Euro
http://www.unrast-verlag.de/…, Buchflyer

Die Entstehungsgeschichte unseres Artikels ist selber schon interessant, denn die Auflage der HerausgeberInnen, ausschließlich „people of color“ als AutorInnen zu gewinnen, ist nicht ganz die Linie, die wir als Karawane vertreten. Unser Ansatz ist es ja, unabhängig von Herkunft und Nationalität zusammenzuarbeiten, sozusagen nach dem Motto „es zählt nicht, wo du herkommst, sondern ob du mit uns zusammenarbeiten willst“. Das könnte als post-identitär beschrieben werden, bei uns ist es wohl einfach pragmatisch: bei uns engagieren sich viele Nicht-„people of color“, und die gemeinsame Arbeit ist, meiner Meinung nach, was wir an der Karawane am meisten geniessen, und die uns auch erst unsere Schlagkraft gibt. Der andere Ansatz, sich also exklusiv zu versammeln, hat meiner Meinung nach auch seine Berechtigung (vgl. beispielsweise hier). Es ist eben nicht immer so einfach. Die Leute von Kanak Attak beispielsweise haben sich gleich grundsätzlich geweigert, an dem Buch mitzuwirken, da (so geht es aus dem letzten Artikel im Buch hervor) der Ausschluß von Menschen europäischer Herkunft kritisiert wurde. Kein so leicht von der Hand zu weisender Punkt.

Ich denke nicht, dass es eine unwichtige Diskussion ist, die da geführt wird, aber die Karawane hat es mal wieder pragmatisch gesehen, das Projekt an und für sich für wichtig befunden und die Chance gerne genutzt, etwas beizutragen. Um den HerausgeberInnen gerecht zu werden, haben wir beschlossen, möglichst viele FlüchtlingsaktivistInnen der Karawane zu bitten, einen Beitrag über ihre Zeit in der Karawane zu verfassen, sei es schriftlich oder mündlich und haben diese Beiträge dann in den Artikel synthetisiert. Er ist dadurch etwas holprig, aber nur so reflektiert er die Dynamik und Unfestlegbarkeit der Karawane München. Der Artikel handelt von der Situation von Flüchtlingen in Deutschland, der Anfangszeit der Karawane, Aktionen zu gegen Abschiebungen und für ein Bleiberecht, dem Boykott von Botschaftsvorführungen, Widerstand in Lagern, dem Essenspaketeboykott und Überlegungen zu Selbstorganisierungsprozesse durch die Karawane. Wir bieten eine kleine Leseprobe am Ende des Artikels.

Wir vertreiben das Buch zur Zeit nicht selber. Wer sich das Buch bestellen will, der sei auf die Buchhandlung unserer Wahl, die Basis Buchhandlung im Univiertel in München hingewiesen. Eine kurze Email, schon ist das Buch bestellt und kann bald abgeholt werden. Das ist fast so einfach wie bei amazon, unterstützt aber einen kleinen Laden, der uns immer mit einem hochaktuellen und interessanten Sortiment beglückt.

Es folgt nun unsere Leseprobe zum Thema „Abschiebung und Bleiberecht“ und nachfolgend ein Artikel des Mitherausgebers Kien Nghi Ha, der noch etwas mehr zum Buch sagt.

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Der Menschenrechtskommissar zum Lager in der Rosenheimer Str.

Die Karawane München wendet sich schon lange gegen die unhaltbaren Zustände, die in den Flüchtlingslagern, genannt Gemeinschaftsunterkünfte, herrschen. Nach dem Bayerischen Aufnahmegesetz sind Flüchtlinge verpflichtet, in einer solche Gemeinschaftsunterkunft zu leben, selbst wenn sie sich eine Privatwohnung leisten könnten. Schlimmer noch: wer arbeitet, muss eine horrende Miete zahlen: rund 250 Euro für eine Zimmer von 13 m², in dem bis zu vier Menschen untergebracht sind.

Letztes Jahr stattete nun der Menschenrechtskommissar des Europarats Deutschland einen Besuch ab. Dabei besuchte er auch das Flüchtlingslager in der Rosenheimer Str. in München. In seinem Bericht kam er zu folgenden Schlüssen:

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Zur Strafbarkeit der Nichtbeschaffung von Heimreisedokumenten

In Deutschland lebten letztes Jahr rund 180.000 Menschen mit Duldung, also der „Aussetzung der Abschiebung“. Eine Abschiebung ist in den meisten Fällen nicht möglich, oft fehlen beispielsweise Heimreisedokumente, die bei der Botschaft des Heimatlandes beantragt werden müssen. Ob nun die Nichtbeschaffung von Heimreisedokumenten schon ein Verstoß gegen die so genannte „Mitwirkungspflicht“ darstellt, ist eine interessante juristische Frage, und das Oberlandesgericht Celle hat sie am 14. Februar 2007 verneint. Wir dokumentieren hier das Urteil: Urteil des OLG Celle zur Beschaffung von Heimreisepapieren (pdf).

Zentrales Argument scheint folgendes zu sein:

Die Strafvorschrift des §95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG bezieht sich schon nach deren Wortlaut nur auf „Angaben“ im Sinne von §49 Abs. 1 AufenthG. Nach §49 Abs. 1 AufenthG ist jeder Ausländer verpflichtet, den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden gegenüber die erforderlichen Angaben zu machen. Die Verpflichtung zu den Angaben nach Abs. 1 besteht indessen nur gegenüber den hiermit betrauten Behörden innerhalb deren Zuständigkit nach §71 AufenthG (Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl., §49 AufenthG Rn. 2), also gegenüber den Ausländerbehörden, Grenzbehörden, Länderpolizeien oder den (deutschen) Auslandsvertretungen im Ausland. Verstößte hiergegen sind nach §95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG strafbewehrt (Renner, a.a.O.). „Erklärungen“, also Äußerungen den Auslandsvertretungen gegenüber, werden in §95 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG indessen nicht benannt.

Bleiberechtskampf historisch

Aufruf zur Bleiberechtsdemo der Karawane aus dem Jahr 2000

Die Karawane München gibt es seit 1998, also seit fast zehn Jahren. Für ein Bleiberecht haben wir uns schon lange ausgesprochen. Bei Aufräumarbeiten habe ich jetzt diesen Aufruf ausgegraben — aus dem Jahr 2000. Interessant: das Wort ‚Legalisierung‘ haben wir schon lange nicht mehr verwendet. ‚Dritte Demonstration‘ bezieht sich im Übrigen darauf, dass die Karawane damals monatlich eine Demonstration für Legalisierung und Bleiberecht abhielt.

Remember Osamuyia Aikpitanhi

Osamuyia Aikpitanhi

Der 23jährige Nigerianer Osamuyia Aikpitanhi ist das jüngste Todesopfer, das brutale Abschiebungspraktiken in Europa gefordert haben. Sein Tod an Bord einer Linienmaschine der spanischen Fluggesellschaft Iberia am 9. Juni 2007 macht deutlich, dass die Polizeien der EU-Staaten nicht in der Lage sind, aus den Todesfällen der Vergangenheit die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Aikpitanhi starb gefesselt und geknebelt, wobei zum bloßen Verschluss des Mundes offenbar der Einsatz eines regelrechten Knebels im Innern des Mundes gehörte. Sein Widerstand gegen seine Abschiebung wurde, im wahrsten und tragischsten Sinne, erstickt.

Delegation beim Konsul

Im Rahmen eines global Aktionstages hat daher heute, am 29. Juni 2007, eine Delegation der Karawane im spanischen Generalkonsulat in München vorgesprochen und dem Konsul persönlich die Protestnote mit knapp 4.000 Unterschriften überreicht, so wie es andere Gruppen auf der ganzen Welt auch getan haben.

Dieser erneute tragische Todesfall ist für uns Anlass, nocheinmal das sofortige Ende aller Abschiebungen verbunden mit einer gerechten Bleiberechtsperspektive für alle zu fordern. Osamuyia war nicht das erste Opfer der europäischen Abschiebemaschinerie, und es ist leider auch nicht abzusehen, dass er das letzte Opfer gewesen sein könnte. Wir möchten in diesem Zusammenhang auch an Aamir Ageeb, Marcus Omofuma, Semira Adamu und Kola Bankole erinnern, die auch bei ihrer Abschiebung zu Tode kamen, sowie an all jene Flüchtlinge, die auf dem Weg in die Festung Europa ihr Leben gelassen haben. Die Karawane München wird sich weiterhin gegen Abschiebungen einsetzen.