Archiv der Kategorie: Abschiebeanhörung

Reise an die Grenze. Unser Protest gegen die Abschiebanhörung Sierra Leone

Wir haben gestern am Flughafen München gegen die Abschiebeanhörungen mit VertreterInnen des Sierra Leone Immigration Office protestiert. Hier ein kurzer Bericht.

Wir hatten im Vorfeld erfahren, dass bundesweit Ladungen für den Termin ausgestellt worden sind. Alle Ladungen waren auf 10 Uhr vormittags ausgestellt. Wir waren mit knapp zehn Leuten ab 9 Uhr vormittags vor Ort. Außer Polizei und Regierung von Oberbayern war niemand anwesend. Erst kurz vor zehn kam der erste Betroffene, zu Fuß. Wir konnten kurz mit ihm reden, wobei sich schnell herausstellte, dass er ein Flüchtling aus Burkina Faso war, der derzeit in Salzwedel wohnt und von seiner dortigen Ausländerbehörde zum Erscheinen bei diesem dubiosen Termin in München verpflichtet wurde. Tatsächlich war er auch gar nicht des Englischen, oder anderer in Sierra Leone gesprochenen Sprachen mächtig, wir unterhielten uns auf Französisch.

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Gegen zehn Uhr erschienen immer mehr Kombis, in denen Flüchtlinge, teilweise unter Begleitung von uniformierten Beamten, teilweise anderer Zivilpersonen zum Termin gebracht wurden. Die Fahrzeuge hatten Kennzeichen aus den verschiedensten Teilen Deutschlands, etwa Erfurt oder Landkreis Oder-Spree. Insgesamt waren aber nur sieben Flüchtlinge, inklusive des Burkinabe anwesend. Dies verbuchen wir schon mal als einen ersten Erfolg, da wir von wesentlich mehr Ladungen gehört hatten und auch davon auszugehen ist, dass ein solcher Termin nicht für einige wenige Flüchtlinge organisiert wird. Immerhin steckt ein größerer bürokratischer Aufwand hinter der Organisation dieses Termins, und die Idee der ausführenden Behörde ist es auf jeden Fall, Travel Certificates wie am Fließband ausgestellt zu kriegen.

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Wir hatten Flugblätter auf Englisch dabei, die nochmal den Sachverhalt der Anhörung erklärten und Tipps zum Verhalten in der Anhörung enthielten. Da die meisten Flüchtlinge per Auto direkt auf das Gelände der Anhörung transportiert wurden, konnten wir diese nicht direkt verteilen. Die Flugblätter haben jedoch auf jeden Fall ihren Weg ins Innere gefunden. Zusätzlich hatten wir noch ein Transparent auf Krio, sowie eine Tonaufnahme, in der auf Krio nochmal der Hintergrund der Anhörung und Tipps zum Verhalten gegeben wurden. Per Megaphon spielten wir diese Aufnahme immer wieder ab.

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Kurz nach zehn Uhr kam die Delegation aus Sierra Leone, die aus rund fünf Personen bestand. Sie waren nicht sonderlich erfreut, als wir sie mit „shame on you“-Rufen in Empfang nahmen und verschwanden schnell nach innen.

Daraufhin nahm wohl die Anhörung ihren Verlauf, wir fuhren fort, das Gebäude mit der Aufnahme zu beschallen. Langsam kamen einzelne Flüchtlinge wieder heraus, die meisten verblieben aber in der Umzäunung. Lediglich der Mann aus Bukina Faso kam sehr schnell wieder heraus, und erzählte uns, dass seine Anhörung sehr schnell vorbei war: Er sprach nur Französisch, und so war es schnell klar, dass er kein TC ausgestellt bekommen würde. Für ihn sicherlich eine sehr nervige Episode, war er doch immerhin zwei Tage lang unterwegs, um zur Anhörung und wieder nach Hause zu gelangen. Die Weisung der Ausländerbehörde, an der Anhörung teilzunehmen, lässt sich nur als Schikane verstehen.

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Später kam es noch zu einem Notarzteinsatz, ein Flüchtling war zusammengebrochen und wurde im Krankenwagen abtransportiert. Wir haben das mit einem Photo dokumentiert, worauf der Sanitäter und dann auch die Polizei die Löschung verlangte, es seien Persönlichkeitsrechte des Sanitäters und des Erkrankten verletzt worden. Wir haben uns auf den Standpunkt gestellt, dass wir genau das dokumentiert haben, wogegen wir protestiert haben, nämlich dass diese Anhörungen eine Form der Gewalt gegen Flüchtlinge sind, die aufzuhören haben. Die Polizei drohte sogar damit, alle Taschen auf der Suche nach einer nicht-existenten Kamera zu durchsuchen, mit der angeblich das Bild gemacht worden sei. Unser Verweis auf das Versammlungsrecht wurde mit dem kuriosen Argument „Wir sind hier am Flughafen, also im Grenzbereich, und da können wir alles machen“ gekontert. Letztendlich hat sich doch unsere Rechtsauffassung, nämlich dass Grundgesetz und damit Versammlungsfreiheit über den Gesetzen stehen, auf die sich die Polizei berief, und nicht andersherum. Damit offenbart sich aber nocheinmal der undemokratische Charakter der Grenze. Sie wird als Vorwand genommen, Freiheitsrechte außer Kraft zu setzen, und in dieser Hinsicht ist der Widerstand gegen die zunehmende Vergrenzung der Welt, Europas und eben auch des Inlands nicht nur antirassistische Teilbereichspolitik, sondern ein Einsatz für schwerwiegende politische Rechte aller. Auch David Miranda, der Partner des Guardian Jounalists Glenn Greenwald wurde unter Rückgriff auf Legislation festgehalten, die nur in Grenzbereichen, Häfen und Flughäfen gilt. Auch wenn die Fälle keinesfalls vergleichbar sind, die Parallele offenbart, wie prekär es um grundlegende Rechte mittlerweile steht.

Gegen ein Uhr kam die letzte Person heraus, auf die wir noch gewartet hatten. Eine Flüchtlingsfrau, die zu Fuß gekommen war, und mit der wir gesprochen hatten, bevor sie in die Anhörung gegeangen war. Sie bestätigte uns nochmal, dass die Flugblätter im Warteraum gelesen wurden, und dass unsere Aufnahme auch im Gebäude gut hörbar gewesen war und zu Diskussionen unter den Flüchtlingen geführt hatten. Letztendlich, so sagte sie, hatte niemand unterschrieben, die Delegation sei sehr schlecht gelaunt gewesen und hätte immensen Druck ausgeübt. Doch ohne Erfolg.

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Mit derart guten Neuigkeiten beendeten wir die Kundgebung. Es war eine sehr seltsame Kundgebung, da diese ja nur den speziellen Fokus hatte, die Flüchtlinge vor der Anhörung zu warnen. Es gab keine Reden, Transparent wurden nur zu sehr speziellen Anlässen gezeigt, und die meiste Zeit verbrachten wir wartend. Nichtsdestotrotz war die Kundgebung ein voller Erfolg. Hervorzuheben war alleine schon, dass die meisten der Geladenen überhaupt nicht erschienen sind. Und wenn tatsächlich auch von denen, die gekommen waren, niemand unterschrieben hat und keine TCs ausgestellt wurden, so konnte nicht nur die Abschiebung von sieben Menschen zumindest ausgesetzt werden, wir haben auch den Abschiebeapparat frustriert. Wir hoffen, dass es der Delegation aus Sierra Leone eine Lehre ist, und sie nie wieder für solche Anhörungen zur Verfügung steht. Es lohnt sich, auch in kleiner Anzahl und ein bisschen vorbereitet präsent zu sein!

15. Juli: Protest gegen Abschiebeanhörung V.R. China in München

Keine Abschiebungen nach China!
Gegen die bayerisch-chinesische Sicherheitskooperation!
Stoppt die chinesische Unterdrückungspolitik!

Während sich die ganze Welt des Jahrestages des Massakers von Tiananmen erinnert und mit Entsetzen die blutigen Ereignisse in der uigurischen Stadt Urumchi verfolgt, nimmt die bayerisch-chinesische Zusammenarbeit immer widerwärtigere Züge an.

Abgewiesene chinesische Asylsuchende aus ganz Deutschland sollen vom 15. Juli bis 23. Juli zwangsweise der chinesischen Kommission vorgeführt werden, damit den deutschen Behörden Heimreisepapiere für die Abschiebung ausgestellt werden können.Den Vorladungen zufolge gastiert diese Delegation ab 15. Juli um 08.00 Uhr in den Räumen der Zentralen Rückführungsstelle Südbayern in der Boschetsriederstrasse 41 – und damit im gleichen Gebäude, in dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge untergebracht ist und das täglich chinesische Flüchtlinge betreten, die vor den chinesischen Sicherheitsbehörden Schutz suchen. Die Anwesenheit von Beamten eines Verfolgerstaats im Gebäude der Behörde, die Schutz vor Verfolgung gewähren soll, ist für alle Flüchtlinge absolut unzumutbar.

Gegen diese Abschiebeanhörung organisiert die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migrant/innen München gemeinsam mit befreundeten Organisationen am 15. Juli ab 07.30 Uhr vor der Boschetsriederstrasse 41 in 81379 München – (U 3 Obersendling) eine Protestversammlung.

Wir rufen die Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen, die Exil-Organisationen der chinesischen Demokratiebewegung und die Vertreter/innen der unterdrückten ethnischen Minderheiten auf, sich diesem Protest anzuschließen. Nutzen wir die Gelegenheit der Anwesenheit der chinesischen Regierungsvertreter, gegen die unmenschliche Unterdrückung in China zu protestieren!

Kommt zahlreich! Bringt Trommeln und Pfeifen, Fahnen und Transparente!
Verhindern wir die Abschiebeanhörungen und die Abschiebungen nach China!

Wieder Nigeria-Abschiebeanhörung in der ZAST Halberstadt!

Zum ersten Mal seit letzten Oktober findet kommenden Donnerstag wieder eine Abschiebeanhörung mit der Botschaft von Nigeria im ZAST-Lager in Halberstadt/Sachsen-Anhalt statt. Angesichts davon, wie solche Anhörungen bisher verliefen, ist damit zu rechnen, dass auch diesmal NigerianerInnen oder Leute, die von den Behörden zu solchen erklärt werden, aus dem gesamten Bundesgebiet betroffen sind.

ENGLISH VERSION

For the first time since october there is a deportation hearing with the embassy of Nigeria in the ZAST in Halberstadt / Saxony-Anhalt. It is very likely, that Nigerians or people who are suspected to be Nigerians from all over Germany are concerned. See below for a warning flyer (in English)

Hier ein Warnflyer mit Infos für (potentiell) Betroffen [english]. 

Abschiebe-Anhörungen international: Abschiebehelfer-Delegation aus Gambia tourt durch Europa

Aktuell tourt eine Delegation von VertreterInnen des Staates Gambia durch verschiedene Länder Europas, um Heimreise-Paßersatzdokumente für die Abschiebung von Flüchtlingen nach Gambia (Westafrika) auszustellen.

Zuletzt hielt sich die gambische Delegation sich in Karlsruhe auf. Dort führte sie unter anderem am 17. Februar 2009 Abschiebeanhörungen in einem Flüchtlingslager durch . Weiterlesen

Achtung: Wieder Nigeria-Abschiebe-Anhörung am 14.8. in Halberstadt!

Am 14. August findet in Halberstadt/Sachsen Anhalt eine weitere Abschiebe-Anhörung mit der Botschaft von Nigeria statt, mit dem Zweck, sogenannte „Heimreisepaiere (traveling certificates) für Abschiebungen nach Nigeria auszustellen.

Info-Flyer für Leute, die von Abschiebung nach Nigeria-bedroht sind, mit dem Aufruf, nicht an der Nigeria-Abschiebeanhörung teilzunehmen:

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Verbreitet den Info-Flyer an Nigerianer/-innen und andere afrikanische Flüchtlinge! Weiterlesen

Nigeria-Abschiebeanhörung – Bericht 1. Tag – Massive Polizeischikanen gegen vorgeladene Flüchtlinge

Der Protest geht weiter: 18. und 19. 6., jeweils 8 bis 15 Uhr, vor dem Flüchtlingslager Tischlerstraße 30 (Nähe U3/Fürstenried West). Hier noch der Protestaufruf

Ich war zusammen mit ca. 9 GenossInnen bei der Aktion gegen die Nigeria Abschiebeanhörung, die seit heute, 17.6., 3 Tage lang im Flüchtlinglager Tischlerstraße 30 in München stattfindet.

Über den Vormittag verteilt wurden eine Reihe von Leuten aus ganz Bayern mit Kleinbussen zur Zwangsvorführung herangekarrt. Wieviele jeweils drin saßen ließ sich nicht genau sagen, den Autokennzeichen nach zu schließen wurden Leute aus Nürnberg, Würzburg, Augsburg, Kempten, Regensburg und Bayreut hingeschafft. Die Vorgeladenen, die selbst kamen (meinem Eindruck nach deutlich weniger als die Zwangsvorgeführten), waren aus Nürnberg, Würzburg und Neuburg. Gemessen an der Zahl der KundgebungsteilnehmerInnen war ein beträchtliches Polizeiaufgebot am Start, hauptsächlich BePo, vereinzelt Bundespolizei.

Uns viel auf, dass unter den Vorgeladenen, mit denen wir sprechen konnten, unter anderem unter den Leuten aus Neuburg, Würzburg und Nürnberg, viele waren, die nicht aus Nigeria kommen, sondern aus diversen anderen afrikanischen Staaten, u.a. aus Togo, Uganda und Sudan. Der Eindruck, dass die nigerianische Botschaft als zentrale Passbeschaffungs- und Abschiebe-Agentur für afrikanische Flüchtlinge agiert, deren Identität von den deutschen Behörden als ungeklärt eingestuft wird, hat sich drastisch bestätigt.

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17.– 19. Juni: Stoppt die Abschiebeanhörung mit der Botschaft von Nigeria in München!

Protestaktion vor dem Flüchtlingslager Tischlerstraße 30:

17.– 19. Juni, täglich von 8 bis 15 Uhr

Anfahrt:

U-Bahn U3 bis Haltestelle Fürstenried West

Bus 166 bis Haltestelle Tischlerstraße

Vom 17. bis 19. Juni 2008 kommen VertreterInnen der Botschaft von Nigeria auf Einladung der „Zentrale Rückführungsstelle Süd” nach München, um nigerianische Asylsuchende in einer Anhörung zu „identifizieren”. Das Verfahren dient einzig und allein zur Ausstellung von „Heimreisepapieren“ für die Abschiebung nach Nigeria. NigerianerInnen aus verschiedenen Städten wurden zu dieser Botschafts-Abschiebeanhörung vorgeladen, die in einem Flüchtlingslager in der Tischlerstraße 30 stattfindet.

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3.6. Justizposse die Zweite: Fortsetzungs-Prozess gegen antirassistischen Aktivisten wegen Nigeria-Botschaftstermin

Der Prozess gegen einen antirassistischen Aktivisten wegen der Protest-Aktion gegen eine Abschiebe-Anhörung mit der Botschaft von Nigeria im August 2007 wird fortgesetzt:

Dienstag, 03.06.2008 um 16:30 h
Amtsgericht München, Nymphenburgerstraße 16, Sitzungssaal A 224/II

Kommt vorbei, zeigt Solidarität! Widerstand gegen Abschiebungen lässt sich nicht verbieten! Abschiebeanhörungen stoppen!

SZ: Grüße aus Absurdistan

Die Süddeutsche Zeitung (16. Mai 2008) hat einen Artikel zu der Justizposse um den nicht mitgeführten Auflagenbescheid bei der Demonstration gegen die Abschiebeanhörungen nach Nigeria veröffentlicht. The juicy bits:

Verteidiger Hartmut Wächtler, der selbst einen Kommentar zum Versammlungsgesetz verfasst hat, kann über das Verfahren nur den Kopf schütteln. Zunächst einmal hält er die damals vom KVR erteilten Auflagen für „reine Schikanen“. Zum Beweis seiner These legt er ein Urteil des Verwaltungsgerichts vor, das erst Ende 2007 in seltener Eindeutigkeit solche Auflagen ad absurdum geführt hat. Es sei, so die VG-Richter, nicht ersichtlich, „inwieweit das Nichtmitführen des Bescheids“ zu einer „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ führen könne.

Doch die Strafjustiz meint es ernst – Absurdistan lässt grüßen. Die Beteiligten ziehen sich zu einem „Rechtsgespräch“ hinter verschlossene Türen zurück, eine Einigung gibt es aber nicht. Anwalt Wächtler beharrt auf einem Freispruch, und so gibt es einen zweiten Termin im Juni. Dann soll auch ein Zeuge kommen, der das Verfahren vollends zur Posse machen könnte: Denn er soll besagten Bescheid damals bei sich getragen und der Polizei auch vorgelegt haben.

Eine Special mit Links zu allen Artikel findet sich auf der Sonderseite des Bayerischen Flüchtlingsrates.