*english below*
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Seit nun knapp vier Wochen veranstalten geflüchtete Menschen ein Protestcamp am Sendlinger Tor in München. Sie protestieren gegen die Diskriminierung und Ungleichbehandlung von Geflüchteten in Deutschland und fordern menschliche Lebensbedingungen sowie grundlegende Menschenrechte. In den Medien wird davon gesprochen, dass es der falsche Ort und die falsche Zeit für diesen Protest sei. Diesem Vorwurf muss entschieden widersprochen werden.
In Deutschland herrscht derzeit eine Konjunktur des gesellschaftlichen Rechtsrucks, der sich in der Parteienlandschaft und einem öffentlichen Diskurs, in dem rassistische Äußerungen wieder salonfähig geworden sind, widerspiegelt. Sichtbar wird dieses rassistische Klima auch dadurch, dass regelmäßig pöbelnde Wutbürger*innen und organisierte Neonazis das Camp am Sendlinger Tor aufsuchen und dort ihre Hetze verbreiten. Nicht zuletzt scheint die von der CSU angeheizte politische Atmosphäre hier in Bayern die Rassist*innen einzuladen, sich wieder verstärkt öffentlich zu zeigen. Deswegen ist das Camp keineswegs deplatziert, sondern richtig und notwendig.
Dass es erneut ein selbstorganisiertes Protest-Camp von Geflüchteten in der Münchner Innenstadt gibt, macht auf eindringliche Art deutlich, dass nach der selbstgefeierten „Willkommenskultur“ die Situation der Geflüchteten in Deutschland weiterhin katastrophal ist. Tatsächlich hat sich die Situation für viele Geflüchtete dramatisch verschlechtert. Die drei Asylpakete, die seit Sommer 2015 durchgepeitscht wurden, zielen darauf ab die Einteilung in „gute“ und „schlechte Flüchtlinge“ voranzutreiben und einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, mit dem immer mehr Menschen skrupellos abgeschoben werden können, ungeachtet ihrer individueller Situation. Maßnahmen wie die Wiedereinführung der Residenzpflicht während der Zeit in der Erstaufnahme, Arbeitsverbote, Lagerzwang, Asylschnellverfahren und die Eröffnung gesonderter Abschiebelager wie in Manching und Bamberg zeigen, wie leer das Versprechen der Willkommenskultur ist. Auch an weiteren Gesetzesverschärfungen, wie die Überarbeitung der Dublinverordnungen, das bayerische „Integrationsgesetz“ und die Ausweitung der sogenannten „sicheren Herkunftsländer“ auf Marokko, Algerien und Tunesien wird aktuell noch gearbeitet und es ist davon auszugehen, dass sich die Situation Geflüchteter noch weiter verschlechtern wird. Parallel dazu tobt der deutsche Mob: Rechter Terror gegen Asylunterkünfte und öffentliche Angriffe auf Alle, die nicht zum völkischen Kollektiv gezählt werden, sind die Realität in diesem Land.
Unbedingt ist es daher notwendig, dass Betroffene ihren Protest weiterhin öffentlich auf die Straße tragen und dass dieser entschieden und solidarisch unterstützt wird. Das betrifft ebenso ihre Forderung nach uneingeschränkter Bewegungsfreiheit und einem Bleiberecht für alle.
Die Karawane München solidarisiert sich mit den Protestierenden am Sendlinger Tor und unterstützt deren Forderungen. Gerade in dieser Zeit ist es notwendig, ein kraftvolles Zeichen gegen Diskriminierung, Entrechtung und Ausgrenzung zu setzen und sich gemeinsam dem rassistischen Klima in der Gesellschaft entgegenzustellen.
Weitere Informationen zum Protestcamp finden sich unter:
https://refugeestruggle.org/
Solidarity with the protesters at Sendlinger Tor!
Since almost three weeks refugees are protesting at Sendlinger Tor in Munich. They protest against discrimination and unequal treatment of refugees in Germany and they demand basic human rights. In the media it was said that this is the wrong place and the wrong time for this protest. This statement has to be contradicted decisively.
Germany is dominated by a current political rightward shift in society which is reflected by the landscape of political parties and the public discourse where racist statements are favored again. This racist climate also becomes visible by ranting passers-by and organized Neonazis who frequent the camp at Sendlinger Tor and spread their agitations on a regular basis. Not least, the political atmosphere which has been fomented by the CSU seems to invite racists to show themselves publicly. Hence, this camp is not misplaced at all, but right and necessary.
The fact that there is again a self-organized camp of refugees in the city of Munich reveals hauntingly that after the self-celebrated „welcome culture “the situation of refugees in Germany is catastrophic after all. In fact the situation of many refugees even worsened dramatically. The three asylum packages which have been pushed through since 2015 are aimed at further establishing the categories of „good“ and „bad“ refugees and to create a legal frame in order to deport people more ruthlessly regardless of their individual situation. Measures like reintroducing mandatory residence during the time in initial reception facilities, ban on work, restraint to live in camps, fast-track asylum procedure and the institution of special deportation camps in Manching and Bamberg show how empty the promises of a “welcome culture” really is. Further asylum law tightenings like the revision of the Dublin regulations and the Bavarian “Integration law” are currently being worked out. The list of so-called “secure countries of origin” is planned to be extended by Algeria, Tunisia and Morocco. Furthermore, it can be assumed that the situation of refugees in Germany is going to get worse. Along the way, the German mob romps around: right wing terror against refugee camps and public attacks on everybody who aren’t counted among the racial collective belong to the reality in Germany.
It is absolutely necessary that people concerned continue to carry their protest to the street and that it is supported in decisive solidarity. This also applies to the demand for freedom of movement and right of residence for everybody. Karawane Munich declares its solidarity with the protesters at Sendlinger Tor and supports their demands. Especially in these days it is essential to send a strong message against discrimination, deprivation of rights, social exclusion and stand up together against the racist climate in the society.
Further information here:
https://refugeestruggle.org/