Archiv der Kategorie: Karawane

Flüchtlinge im Hungerstreik nicht lächerlich machen!

Klarstellung zum Bericht in der Süddeutschen Zeitung „Hungerstreik light“ und dem Kommentar „Inflation des Hungerstreiks“

Die Karawane München stellt klar: Wir haben die Flüchtlinge in Hauzenberg und Breitenberg nicht zum Hungerstreik aufgerufen. In der Karawane arbeiten Flüchtlinge, MigrantInnen und Deutsche gleichberechtigt zusammen, eines unserer Ziele ist es, gezielt die Selbstorganisation von Flüchtlingen zu bestärken und ihren Forderungen in der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen. Deswegen unterstützen wir den Hungerstreik durch Pressearbeit.

Die Flüchtlinge wissen sehr genau, was sie wollen – ihnen etwas „einzureden“, wie es die Politik und die SZ unterstellen, wäre nicht möglich. Schon gar nicht eine Aktion wie den Hungerstreik, mit dem sie ihren eigenen Körper zur Waffe im Kampf um menschenwürdige Lebensbedingungen machen.

Weiterlesen

Tag 10.2: Repression für Anfänger

Es soll ja unglaubliche Zufälle geben. So kam heute die Polizei ins Lager nach Breitenberg und nahm zwei Flüchtlinge, die sich am Streik beteiligen, zum Verhör auf die Polizeiwache mit. Während dem einen eröffnet wurde, es ginge um ein Verfahren wegen Residenzpflichtverletzung (eine Einschränkung, gegen die sich der Streik mit richtet), wurde der andere erstmal wegen seiner Beteiligung an dem Streik in die Mangel genommen. Weiter wurde ihm anscheinend eine Sachbeschädigung vorgeworfen, denn eine Wand im Flüchtlingslager wurde mit Yoghurt verunreinigt. Das wurde ihm zur Last gelegt, da ein Yoghurtbecher mit seinen Fingerabdrücken (sic!) gefunden wurde.

Dies ist natürlich ein unglaublich durchsichtiger Versuch, Druck auf die Streikenden auszuüben. Fraglich ist nur, ob die Beamten auf Eigeninitiative gehandelt haben (die Haltung vieler bayerischer Polizeibeamten gegenüber Flüchtlingen ist ja bekannt) oder ob da von oben die Anweisung kam, mal ein bisschen die Repression hochzufahren.

Klar ist auf jeden Fall dass die Streikenden sich von solch dilettantischen Demonstrationen der Staatsmacht nicht einschüchtern lassen und mit ihrem Kampf für ihre Rechte fortfahren.

Streikupdate Tag 9

Flüchtlingshungerstreik geht weiter – Regierung von Niederbayern versucht zu beschwichtigen, doch konkrete Zusagen bleiben aus – Flüchtlinge wollen Streik ausweiten

Am heutigen Mittwoch hat Heinz Grunwald, Regierungspräsident von Niederbayern, mit einem Besuch in Hauzenberg auf den Flüchtlingsstreik reagiert. Aus Protest gegen die schlechten Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Bayern sind 19 Bewohner der beiden Flüchtlingslager in Hauzenberg und Breitenberg in Niederbayern (Lkr. Passau) seit Dienstag vergangener Woche (26.01.2010) in einen unbefristeten Hungerstreik getreten.

Anders als die Regierung von Niederbayern in ihrer Pressemitteilung vom heutigen Tag verkündet, kann jedoch keine Rede davon sein, dass zentrale Forderungen der Hungerstreikenden erfüllt würden. Zugesagt hat die Bezirksregierung lediglich, mit der Passauer Arbeitsagentur die Dauer der Genehmigungsverfahren für eine Arbeitserlaubnis zu prüfen und sich gegenüber den niederbayerischen Landräten für eine einheitliche Praxis bei den Gebühren für Reisegenehmigungen einzusetzen.

Der Aufforderung von Grunwald, den Hungerstreik zu beenden, haben die Flüchtlinge deshalb eine Absage erteilt. „Wir wollen uns in ganz Bayern frei bewegen. Wir können keine Pakete mehr akzeptieren, sondern wollen Bargeld. Und wir wollen das Recht haben, zu arbeiten. So lange diese Forderungen nicht erfüllt werden, denken wir nicht daran, mit dem Streik aufzuhören“, erklärt Kabamba Ban Ibanda aus Hauzenberg. „Wir halten es nicht mehr aus, hier auf dem Dorf isoliert zu sein. Das Lager ist kein Ort zum Leben für Menschen. Man sagt uns, wir sollen wieder essen und die Pakete annehmen, aber an unseren Problemen hat sich noch nichts verändert. Wir machen weiter“, ergänzt einer der hungerstreikenden jungen Männer aus Breitenberg.

Statt mit dem Streik aufzuhören, versuchen die Hungerstreikenden, ihren Kampf auf andere Lager in Bayern auszuweiten. „Wir haben überall in Bayern ähnliche Probleme, der Zustand ist für uns alle eine psychische Qual, darum erwarten wir, dass sich schon bald Flüchtlinge in anderen Lagern uns anschließen. Die Regierung und das Parlament müssen endlich auf unsere Forderungen reagieren, damit wir menschenwürdig leben können“, so die Streikenden in Hauzenberg.

Hungerstreik in Hauzenberg und Breitenberg

Rund 20 Flüchtlinge in den beiden Flüchtlingslagern Hauzenberg und Breitenberg im Landkreis Passau, Niederbayern, befanden sich vom 26. Januar bis 15. Februar im Hungerstreik. Die zentralen Forderungen der streikenden Flüchtlinge sind:

  1. Recht auf Arbeit
  2. Bewegungsfreiheit innerhalb Bayerns statt Landkreisbeschränkung auf Landkreis Passau
  3. Bargeld statt Essenspaketen

AKTUELL: Hungerstreik wird in Essenspaketeboykott überführt
MITMACHEN: Jetzt die Unterstützungserklärung unterzeichnen! (Schon 442 ZeichnerInnen [15. Februar 2009])

Streikupdates: Tag 21 | Demobericht | Tag 16 | Tag 10.1 | Tag 10.2 | Tag 9 | Tag 8.1 | Tag 8.2 | Tag 7
Pressemitteilungen: 15.2.2010 | 10.2.2010 | 3.2.2010 | 1.2.2010
Berichte: Karawanedelegation mit Videostatements
twitter: @karawane089

Streikupdate Tag 8/2

Einiges hat sich getan am 2. Februar, der Hungerstreik der Flüchtlinge in Hauzenberg und Breitenberg gegen menschenunwürdige Lebensbedingungen weitet sich aus und gewinnt rasant an Aufmerksamkeit. Gleichzeitig gibt die körperliche Verfassung von manchen Hungerstreikenden Grund zur Besorgnis. Die wichtigsten Infos des Tages:

Weiterlesen

Streikupdate Tag 8

Die Presse hat angefangen, über die Streiks zu berichten. Die Süddeutsche Zeitung kontextualisiert den Streik im Bayernteil:

Seit langer Zeit beklagen auch verschiedene Parteien und Hilfsorganisationen den Umgang mit Flüchtlingen. Die sogenannte „Residenzpflicht“ wird ebenso wie der Sinn von Sammelunterkünften und die Vergabe von Arbeitsgenehmigungen immer wieder im bayerischen Landtag diskutiert. Im vergangenen Jahr hatte es darum auch innerhalb der Landesregierung Streit gegeben.

Weiter wird berichtet, dass die Regierung von Niederbayern die Praxis der Aufhebung der Residenzpflicht prüfen wolle.

In der Passauer Neuen Presse kommen die Streikenden ausführlich zu Wort:

Weiterlesen

Pressemitteilung zu den Streiks

Gemeinsame Pressemitteilung der Karawane München und des Bayerischen Flüchtlingsrats vom 01.02.2010

Flüchtlinge im Hungerstreik: Seit einer Woche protestieren Flüchtlinge in Niederbayern mit einem Hungerstreik gegen ihre schlechten Lebensbedingungen

Weiterlesen

حق البقاء للاجئين – Wir können nicht länger warten

Wir können nicht länger warten. Bleiberecht für uns und unsere Kinder! Irakische Frauen und Kinder rufen auf zur Bleiberechts-Demonstration.

Samstag, 19. Dezember 2009, 13°° Uhr
Auftakt: Vor dem EineWeltHaus, Schwanthaler Str. 80, Nähe Hauptbahnhof
München

irakflyer

In unserer Heimat Irak herrscht seit sechs Jahren Krieg. Ein Krieg, der kein Ende nimmt. Ein Krieg, der keinen Frieden gebracht hat. Verlierer ist die Zivilbevölkerung – Männer, Frauen und Kinder, die in ständiger Angst vor Bomben und Explosionen leben müssen. Wir sind mit unseren Familien vor vielen Jahren aus dem Irak geflohen und haben danach keine neue Heimat gefunden. Seit sieben, acht oder mehr Jahren leben wir ohne Perspektive in Flüchtlingsunterkünften. Wir werden systematisch ausgegrenzt. Wir dürfen nur eingeschränkt arbeiten, dürfen Bayern nicht verlassen, leben von Essenspaketen und einem kleinen Taschengeld. Wir dürfen keine Deutschkurse besuchen, keine Ausbildung machen oder uns irgendwie integrieren. Wir wollen Integration. Aber wir dürfen uns nicht integrieren. Unsere Männer arbeiten hart, um uns ein Leben in Würde zu ermöglichen. So haben es manche von uns geschafft trotz schwierigster Bedingungen aus dem Flüchtlingslager auszuziehen und eine Privatwohnung zu mieten. Wir haben unsere Deutschkurse selbst organisiert und versuchen, alles für ein besseres Leben in Deutschland zu tun.

aufruf.ar

Auch wir Frauen versuchen, eine Ausbildung zu machen oder zumindest ein paar Stunden am Tag zu arbeiten, um unseren Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Die Mehrheit der Flüchtlinge aus dem Irak hat Arbeit. Aber trotz allem bekommen wir keine Anerkennung, sondern stoßen in den Ausländerbehörden nur auf Ablehnung. Unsere Kinder gehen zur Schule, sprechen fließend Deutsch, werden hier erwachsen. Aber Deutschland gibt uns kein Bleiberecht. Wir leben mit unseren Familien seit fünf, sechs, sieben Jahren in einer Warteschleife. Wir werden nur geduldet bis zu unserer Abschiebung. Dabei wissen auch die Politiker, dass sie uns nicht abschieben können. Niemand in Europa darf Flüchtlinge in den Krieg zurückschicken. Wie lange will Deutschland das noch mit uns machen? Sind sechs, sieben oder acht Jahre Prüfung nicht genug, um herauszufinden, ob wir ganz
hierbleiben dürfen oder nicht? Das ist menschenunwürdig. Wir fühlen uns wie Tiere behandelt. Wir und unsere Kinder gehen an dieser Unsicherheit und Perspektivlosigkeit kaputt. Nahezu täglich bekommen wir von unseren Familien im Irak traurige Nachrichten. Egal, ob wir Schiiten, Sunniten, Kurden oder Yeziden sind. Wenn eine Autobombe explodiert, sterben wir alle ohne Unterschied. In Deutschland aber werden nur Christen und Yeziden aus dem Irak als Flüchtlinge anerkannt. Ist es weniger schlimm, wenn ein muslimisches Kind getötet wird? Haben wir etwa kein Recht, unsere Kinder in Sicherheit zu bringen?

Unsere Kinder fragen uns, warum sie nicht die gleichen Rechte haben wie deutsche Kinder. Können Sie uns das erklären? Nachdem die meisten unserer Kinder hier geboren sind, hier in die Schule gehen und versuchen, einen guten Abschluss zu machen? Wir haben lange geschwiegen und uns mit unserer schwierigen Situation in Deutschland abgefunden. Denn Deutschland hat uns Schutz vor Krieg und Verfolgung geboten und uns nach langer Flucht ein Dach über dem Kopf gegeben. Aber nach so vielen Jahren wollen wir nicht weiter akzeptieren, dass wir keine Rechte haben. Wir Frauen und Kinder aus dem Irak fordern gleiche Rechte für unsere Familien. Wir fordern ein Bleiberecht für alle irakischen Flüchtlinge, sei es für Muslime, Christen oder andere Minderheiten. Wir wollen gehört werden von der deutschen Politik. Darum gehen wir jetzt auf die Straße und kämpfen für unsere dauerhafte Anerkennung. Wir wollen eine Zukunft für uns und unsere Kinder. Sie brauchen eine Heimat in Deutschland!!

Der Aufruf als pdf zum Download: deutsch | arabisch

Der Datenschutzskandal der Karawane

Vor ca.  zweieinhalb Jahren veranstaltete die Karawane eine Kundgebung vor dem Flüchtlingslager in der Tischlerstraße. Hiermit sollte gegen die Botschaftsvorführung (angeblicher) irakischer Staatsangehöriger protestiert werden. Eine irakische Delegation war hierzu eigens angereist, um dem Wunsch der deutschen Behörden nach Passersatzpapieren nachzukommen, damit Abschiebungen in den nach wie vor vom Bürgerkrieg gekennzeichneten Irak möglich werden. Die kleine Kundgebung der Karawane, an der max. sechs Personen teilnahmen, wurde massiv von Beamten des USK bedrängt und vom Dach eines VW-Busses abgefilmt. Daraufhin stellten wir eine Anfrage an den Landesbeauftragten für Datenschutz. Nach über zwei Jahren findet dieser Vorfall nun auch Eingang in seinen aktuellen Jahresbericht: Die Polizei behauptete zunächst, überhaupt keine Videoaufzeichnungen angefertigt zu haben. Eine Behauptung, die zweifelsfrei widerlegt werden konnte.

Weiterlesen